Urteil gegen den Anführer einer ­deutschen Zelle des »Islamischen Staats«

Rechtzeitig festgenommen

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat kürzlich den Anführer einer Terrorzelle des »Islamischen Staats« zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Mittlerweile hat die Bundesanwaltschaft auch Anklage gegen die anderen mutmaßlichen Mitglieder erhoben.

Ende Januar verurteilte das Düsseldorfer Oberlandesgericht den Anführer einer islamistischen Terrorzelle zu sieben Jahren Haft. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der in Wuppertal lebende anerkannte Flüchtling Ravsan B. zusammen mit fünf weiteren Beschuldigten im Januar 2019 eine Zelle der terroristischen Vereinigung »Islamischer Staat« (IS) gegründet und mehrere Anschläge in Deutschland und im Ausland geplant hatte. Die Männer tadschikischer Herkunft wurden dabei von zwei hochrangigen IS-Terroristen angeleitet, die ihnen von Syrien und Af­ghanistan aus Befehle erteilten. Darüber hinaus musste sich B. wegen Beteiligung an einem Geldtransfer an den IS nach Syrien verantworten. Der 31jäh­rige hatte ein Teilgeständnis abgelegt; darüber hinaus wertete das Gericht es als strafmildernd, dass der Vater von zwei Kindern nach der Trennung von seiner Frau an einer Depression gelitten habe. Die Bundesanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von achteinhalb Jahren beantragt. In dem Urteil drücke sich »die Hoffnung aus, dass er bei dem kommenden Prozess gegen die anderen Mitglieder der Gruppe zur Aufklärung beiträgt«, sagte die Islamismusexpertin Sigrid Herrmann-Marschall der Jungle World. B. saß bereits seit März 2019 in Untersuchungshaft, die fünf anderen mutmaßlichen Mitglieder wurden im vergangenen April und August festgenommen. Anfang dieser Woche hatte die Bundesanwaltschaft auch Anklage gegen sie erhoben, unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, Verstößen gegen das Waffengesetz und Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat.

Dem Gericht zufolge wollte B. gemeinsam mit einem Mitglied der Zelle und zwei tschetschenischen Helfern im Frühjahr 2019 einen Auftragsmord an einem Geschäftsmann in Albanien begehen. Ein Russe soll dafür 40 000 US-Dollar geboten haben. Nach erfolgreicher Ausführung des Mordes sollte die Hälfte der Summe als Spende an den IS fließen. Wegen Zweifeln an der Identität der am vorgesehenen Anschlagsort erschienenen Person brachen die Männer das Vorhaben jedoch ab.

Nach einer Aufforderung der IS-Terroristen habe die Gruppe zudem Angriffsziele in Deutschland auswählen sollen. Einer der IS-Terroristen soll ­bereits im April 2017 den Attentäter von Stockholm zu seiner Tat angeleitet haben. Dieser war mit einem gestohlenen Lastkraftwagen in eine Fußgängerzone in der Innenstadt gefahren und hatte fünf Menschen getötet und 14 weitere teils schwer verletzt.

Die Gruppe um B. besorgte sich Anleitungen zum Bombenbau, dem Magazin Legal Tribune Online zufolge war auf diesen der Schriftzug »Liquidation von Ungläubigen« als Zweck vermerkt. Außerdem trainierten sie beim Paintball unterschiedliche Kampfsituationen und erkundigten sich bei Flugschulen nach Drachen- und Gleitschirmflügen. Ihr Ziel war es, mit Hilfe von Drohnen Basen des US-Militärs in Deutschland anzugreifen.

Letztlich fiel die Wahl des Anschlagsziels auf den zum Christentum konvertierten Islamkritiker Amir Arabpour aus Neuss (Nordrhein-Westfalen). Der selbsternannte »Knecht Christi«, der einen Hang zu Verschwörungstheorien hat, warnt auf seinem Youtube-Kanal »Ex-Muslime klären auf TV« vor den Gefahren des Islam (Ein Youtuber und zwei US-Stützpunkte). Der Anklageschrift zufolge sollte an ihm nach Absprache mit einem der Führungskader des IS ein »Exempel statuiert« werden. Die Schusswaffe samt Schalldämpfer bewahrte B. in seiner Wohnung auf. Es war geplant, nach der Ermordung Arabpours Leiche für ein Propagandavideo zu filmen und dieses auf Youtube hochzuladen, um zum Kampf gegen die »Ungläubigen« aufzurufen. Das Attentat konnte aufgrund der Ermittlungsarbeit der Behörden verhindert werden.

Nach Hausdurchsuchungen im sachsen-anhaltischen Dessau und im dänischen Holbæk wurden in der vergangenen Woche insgesamt 14 Personen festgenommen, darunter drei syrische Brüder, gegen die die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg nun wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat ermittelt. Einem Bericht des Spiegel zufolge fanden Polizisten in der Dessauer Wohnung mehrere Kilo Schwarzpulver, Zündschnüre, andere Pyrotechnik, eine selbstgemalte Flagge des IS sowie einen Koran, in dem Verse unterstrichen sind, in denen es um den Kampf gegen »Ungläubige« geht.

Ein Händler aus Polen hatte zuvor das Bundeskriminalamt darauf aufmerksam gemacht, dass ein in Dänemark lebender 33jähriger Syrer Chemikalien zum Bombenbau an die Dessauer Adresse seines 36jährigen Bruders bestellt habe. Der Gesuchte und dessen Bruder wurden in Dänemark festgenommen, auch die bestellte Ware, weitere Sprengmaterialien und Symbole der Terror­miliz fanden die dänischen Ermittler dort. Der 40jährige dritte Bruder ­wurde im hessischen Dietzenbach festgenommen und sitzt nun in Untersuchungshaft. Dänische Beamten nahmen im Zuge der Ermittlung elf weitere ­Verdächtige fest und stellten weitere Materialien für den Bau von Bomben sowie Waffen sicher.