Laborbericht: Venus, der Höllenplanet

Welcome to Hell

Vor einigen Monaten war an dieser Stelle eine Klage über das Schattendasein zu lesen, das unser Nachbarplanet Venus in der Sonnensystemforschung fristet, während sich der Mars vor irdischer Aufmerksamkeit kaum retten kann – obwohl der doch, wenn man ehrlich ist, außer einer öden und frostigen Geröllwüste kaum etwas zu bieten hat.

Vielleicht hat man bei der Nasa auch einfach keine Lust mehr auf Anträge für Marsmissionen mit der Begründung »Suche nach möglichem Leben«, die immer mehr als vorgeschoben erscheint. Jedenfalls gab die US-Weltraumbehörde Anfang Juni bekannt, dass es endlich mal wieder zur Venus gehen soll.

Völlig überraschend ist das nicht, schließlich schrieb der damalige Nasa-Administrator Jim Bridenstine schon im vergangenen Jahr auf Twitter: »Es ist an der Zeit, der Venus den Vorrang zu geben.« Anlass war damals die Meldung, man habe mit Hilfe von irdischen Teleskopen das Molekül Phosphan in der Atmosphäre entdeckt, und zwar in einer Menge, in der es dort eigentlich nicht vorkommen dürfte – was zu Spekulationen führte, dass die Substanz, gaaanz eventuell, biologischen Ursprungs sein könnte.

Mittlerweile gibt es zwar Zweifel an der Forschungsarbeit; möglicherweise hat einfach ein schlecht programmier­ter Computeralgorithmus Dinge entdeckt, die es gar nicht gibt. Das heißt jedoch nicht, dass es sich nicht lohnen würde, einmal nachzuschauen. Vielmehr weiß man eben noch viel zu wenig über den »Höllenplaneten« mit seinen Wolken aus Schwefelsäure und einer Oberflächentemperatur wie in einem Pizzaofen.

Den Nachholbedarf will die Nasa nun mit gleich zwei Missionen decken, und wie in der Raumfahrt üblich wurden keine Mühen gescheut, sich hübsche Akronyme dafür auszudenken: Der Orbiter Veritas (Venus Emissivity, Radio Science, InSAR, Topography, and Spectroscopy) soll den Planeten so genau kartographieren, wie es noch niemals zuvor geschehen ist; und zwar aufgrund der dichten Atmosphäre mit Radar statt mit herkömmlichen Kameras.

Eine kürzere Lebensdauer wird der Mission Davinci+ (Deep Atmosphere Venus Investigation of Noble Gases, Chemistry, and Imaging, Plus) beschieden sein: Wie der Name andeutet, soll die Sonde direkt in die Atmosphäre geschickt werden und deren Zusammensetzung erkunden – was dann hoffentlich auch die Frage nach dem Vorhandensein von Phosphan klären könnte. Bevor die höllischen Temperaturen und der gigantische Druck der Mission ein Ende setzen, soll die Sonde bei ihrem Sturz zur Oberfläche außerdem hochauflösende Bilder von geologischen Formationen liefern, die Aufschluss darüber geben sollen, ob die Venus bewegliche Kontinentalplatten wie die Erde besitzt.

Bis es Antworten auf diese und weitere Fragen gibt, ist allerdings noch etwas Geduld gefragt, beide Missionen sollen irgendwann zwischen 2028 und 2030 starten. So selten, wie die Venus bislang irdischen Besuch erhalten hat, dürfte sie das Warten mittlerweile aber gewohnt sein.