Die Ära Merkel war eine Zeit politischer Lähmung und kulturellen Stillstands

Die große Lähmung

Angela Merkel geht im matten Glanz unspektakulärer Zustimmung: Bald endet die letzte Amtszeit Angela Merkels als Bundeskanzlerin und alles deutet darauf hin, dass danach nichts Besseres kommen wird.

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Man wird ihr respektvoll, ein klein bisschen ironisch und ein klein bisschen kritisch hinterherwinken, der Kanzlerin Merkel, denn wie Walter Benjamin einst anmerkte, wird »der Abschied-Nehmende leichter geliebt«, »weil die Flamme für den Sich-Entfernenden reiner brennt«. Angela Merkel, die in einer Zeit gewaltiger, größtenteils unterhalb der Schwelle des öffentlichen Bewusstseins ablaufender Veränderungen ein merkwürdig widersprüchliches Gefühl von Stabilität vermittelte, legt auch noch den undramatischsten Abschied der deutschen Nachkriegsgeschichte hin: keine Niederlage, die man nicht wahrhaben will, kein stures Kleben an der Macht. Sie geht im matten Glanz unspektakulärer Zustimmung.

Sie war ein Fels in der Brandung, wie man so sagt, oder einfach jemand, der eine neue Variante der deutschen Nachkriegspolitik lieferte: das aktive Aussitzen, das »Weiter so« um jeden Preis. Wenn man ihre Politik zu beschreiben versuchen wird, dann wohl als wenig pro­grammatisch, dafür sehr pragmatisch – dabei ein wenig gefühllos, wenn man bedenkt, dass sozialpolitisch alles nur noch schlimmer wurde, Kinder, Alte und Benachteiligte in die Armut getrieben, die deutschen Finanzen auf Kosten der Bevölkerung hier und anderswo saniert und die Interessen der Konzerne und Banken stets als angeblich alternativlos gegen die der meisten Menschen durchgesetzt wurden. Dass Merkel bei ihren Auslandsreisen in aller Regeln von hochrangigen Wirtschaftsdelegationen begleitet wurde, war mehr als Routine. Es war nur eine der für ihre Amtszeit typischen Inszenierungen von sogenannter Systemrelevanz.

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