Rechte Medien in Österreich nutzen die Covid-19-Pandemie für ihre Propaganda

Rechtsextreme Medienoffensive

Rechte Medien aus Österreich nutzen die Coronakrise für ihre Propaganda, auch in Deutschland.

»Wer hätte denn ein Interesse, global Corona zu inszenieren? Wer könnte denn weltweit die Strippen ziehen – und warum sollte jemand so bösartig sein?!« fragt sich Stefan Magnet auf dem neuen Online-Fernsehsender AUF1. Er richte sich an alle, die immer noch nicht glauben können, dass »die Mächtigen dieser Erde eine ganze Welt ins Verderben stürzen, nur für ihre perversen Profite«. Raunende Suggestivfragen, die mit antisemitischen Chiffren spielen, finden sich in vielen Videos von AUF1.

Der Sender – eigentlich nur eine Website mit zahlreichen Videos in relativ professioneller Nachrichtenoptik – hat seinen Sitz in Linz und wurde im Mai 2021 ins Leben gerufen. Er ist spe­zialisiert auf die Verbreitung von Verschwörungstheorien rund um die Covid-19-Pandemie. Auf Demonstrationen gegen die Pandemiemaßnahmen sieht man häufig Schilder von AUF1 gegen den »Impfzwang«. Diese lassen sich im Online-Shop des Senders erwerben, wo es neben überteuerten Merchandise-Artikeln und einschlägiger Literatur auch eine eigene Broschüre zur Pandemie zu kaufen gibt. Das kleine Büchlein kostet 12,90 Euro. Im Dezember wurde es in der bayerischen Kleinstadt Dachau in zahlreiche Briefkästen verteilt – offenbar hat AUF1 auch deutsche Zuschauer.

Die FPÖ unterstützt rechtsextreme Medien wie »Info-Direkt« durch Inserate – und wenn die Partei an der Regierung ist, nutzt sie für diesen Zweck manchmal auch staatliche Mittel.

Wie groß die Reichweite von AUF1 ist, lässt sich nur schwer bestimmen. Dass der Telegram-Kanal des Senders über 170 000 Abonnentinnen hat, zeugt ­jedoch von einem nicht zu unterschätzenden Publikum auch über Österreich hinaus. Leitende Figur ist der eingangs erwähnte Stefan Magnet, er gibt bei dem Sender den Hauptmoderator und Chefredakteur. Früher hat Magnet bei der FPÖ-nahen Wochenzeitung Wochenblick gearbeitet. Sein Online-Sender kann als Versuch gelten, die Coronakrise für rechtsextreme Propaganda zu nutzen. Schon seit seiner Jugend war Magnet in der rechtsextremen Szene in Österreich aktiv, etwa als Mitglied im neonazistischen »Bund freier Jugend« (BfJ). Der BfJ verfügte über eine eigene Zeitschrift namens Jugend Echo, zu ­deren Blattlinie Antisemitismus, NS-Verherrlichung und völkischer Rassismus gehörten.

Eine ähnliche inhaltliche Ausrichtung lässt die 2015 gegründete Zeitschrift Info-Direkt erkennen, die zudem als besonders Putin-freundlich gilt. Auch dort hat Magnet möglicherweise mitgearbeitet, wie unter anderem das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) und Vice Österreich berichteten; er selbst streitet das jedoch ab. Das Recherchezentrum Correctiv berichtete im vergangenen September, dass Info-Direkt in Linz dieselbe Geschäftsadresse wie AUF1 habe. Inzwischen sei Info-Direkt nach eigenen Angaben vom dortigen Vermieter gekündigt worden.

Geschäftsführer von Info-Direkt ist Magnets ehemaliger »BfJ«-Kamerad Michael Scharfmüller. »Die Zeitschrift kleidet klassisch rechtsextreme Weltanschauung in ein modernes Gewand«, schreibt das DÖW, »und lotet insbesondere in Form von omnipräsentem Antisemitismus, Volksgemeinschaftsdünkel und einer teils offen vertretenen antidemokratischen Stoßrichtung die Grenze zum Neonazismus aus.« Von Konkurrenzprodukten wie der Neuen Ordnung oder anderen altgedienten rechtsextremen Postillen hebe sich Info-Direkt durch eine erfolgreiche crossmediale Verbreitungsstrategie (Printmagazin, Blog, soziale Medien) ab. Das DÖW spricht deshalb von der Zeitschrift als dem »aktuell wichtigsten genuin rechtsextremen Printmedium in Österreich«.

Die Macher von Info-Direkt bemühen sich schon länger darum, die extreme Rechten über Länder- und Szenegrenzen hinweg zu vernetzen. 2018 organisierte das Medium gemeinsam mit dem FPÖ-Webportal Unzensuriert.at den Kongress »Verteidiger Europas« in Oberösterreich, der zuvor schon 2016 stattgefunden hatte, damals aber von der Burschenschaft Arminia Czernowitz angemeldet worden war. Neben deutschen Neonazis, Burschenschaftern und Identitären waren auch der Verleger Götz Kubitschek, der Compact-Chef­redakteur Jürgen Elsässer und Philip Stein von dem Verein »Ein Prozent« anwesend. 2016 trat bei der selbsternannten »Leistungsschau der patriotischen, identitären und konservativen Arbeit im publizistischen, kulturschaffenden sowie politischen Bereich« der jetzige FPÖ-Vorsitzende Herbert Kickl als Festredner auf. Die »Systemmedien« wurden von der Teilnahme am Kongress ausgeschlossen. Nur ein Sender erhielt damals Zutritt: der Privatfernsehsender Servus TV des Red-Bull-Milliardärs Dietrich Mateschitz. Dieser verzeichnete in Österreich 2021 eine Einschaltquote von 3,7 Prozent und ist auch in Deutschland zu empfangen.

Servus TV kann sich der Sympathie der extremen Rechten sicher sein – nicht nur, weil immer wieder zentrale Vertreter der »Neuen Rechten« wie Martin Sellner oder Götz Kubitschek zu Talkshows eingeladen werden. Mateschitz kürte 2016 Ferdinand Wegscheider zum Intendanten. Dieser trägt ­wegen hitziger Monologe in seiner wöchentlichen Kommentarsendung »Der Wegscheider« den Spitznamen »Wut-Chefredakteur«. Auch er bedient auf fragwürdige Weise das Thema Covid-19. Im November raunte er in seiner Sendung: »Wer hat die Macht, weltweit Regierungen, Ärzte und Me­dien zu dirigieren, gemäß seinen Planspielen Lockdowns und Zwangsimpfungen zu verfügen und sogar Kleinkindern Rechte wegzunehmen, die wir bisher jedem Schwerverbrecher zugestanden haben?«

Nach außen behaupten viele rechte Medien, sie würden sich über private Spenden ihrer Zuschauerinnen finanzieren. Doch die FPÖ hat Medien wie Info-Direkt gelegentlich durch Inserate unterstützt – und wenn die Partei an der Regierung ist, nutzt sie für diesen Zweck manchmal auch staatliche Mittel. So hatte Herbert Kickl 2018, als er noch österreichischer Innenminister war, auf den Websites von Info-Direkt und Compact sowie auf der Website Unzensuriert.at Inserate zur Rekrutierung von Polizistinnen und Polizisten geschaltet. Ähnlich gingen andere FPÖ-Politiker in der Regierung Oberösterreichs vor. Sie sponserten mit staatlichen Inseraten der Partei nahestehende Medien, darunter Wochenblick und Unzensuriert.at.

Die von ihnen gescholtenen »etablierten Medien« nutzen die Rechts­extremen dennoch gerne als Bühne. Zuletzt weigerte sich Kickl, mittlerweile Bundesparteiobmann der FPÖ, in einem ORF-Interview vom 28. Dezember, den Antisemitismus auf den Coronademonstrationen zu verurteilen. Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, sagte daraufhin, die FPÖ »demaskiert sich als politischer Arm der Gefährder und Kellernazis«.