Verwanzte Flötenkrähenstare

Verwanzt

Laborbericht Von

Wer das Verhalten von Tieren erforscht, hat es nicht ganz leicht. Eine grundlegende Schwierigkeit liegt darin, dieses oder jenes Tun der jeweiligen Forschungsobjekte zu interpretieren, ohne sie dabei zu vermenschlichen.

Zuerst einmal muss man aber überhaupt irgendwelche Beobachtungen machen, und das ist meist nicht minder knifflig. Eine Option ist, Tiere in Gefangenschaft zu beobachten und sie gegebenenfalls standardisierten Tests zu unterziehen; dann weiß man aber nicht, ob die Ergebnisse repräsentativ für das Verhalten in freier Wildbahn sind.

Bleibt noch die Feldforschung, sei es ganz klassisch mit Fernglas, Fährtenlesen und dem wenig glamourösen Sammeln von Kotproben, oder aber mit Hilfe moderner Technik wie selbstauslösenden Kameras und Sendern, mit denen sich Wildtiere aus der Ferne bespitzeln lassen.

Genau so wollte eine Forschungsgruppe der Universität Queensland in Australien vorgehen, um das ­Verhalten von Flötenkrähenstaren zu dokumentieren. Obwohl die Vögel, die wegen ihrer Gefiederfärbung den englischen Namen »Australian Magpie« (Australische Elster) tragen, nicht näher mit den schwarzweißen Rabenvögeln verwandt sind, stehen sie diesen in Sachen Sozialverhalten und Intelligenz in nichts nach.

Das mussten auch die Forschenden erfahren, die eigens eine Art Minirucksack konstruiert hatten, um wildlebende Vögel mit Ortungsgeräten zu versehen. Damit die Tiere zum Auslesen von Daten oder zum Entfernen der Sender nicht erneut hätten eingefangen werden müssen, wurden sie an eine Futterstation ­gewöhnt, an der kontaktlos Daten heruntergeladen, die Geräte aufgeladen oder aber per Magnet entfernt werden konnten.

Tatsächlich gab es interessantes Verhalten zu beobachten – allerdings nicht so, wie es geplant war: Kaum hatte man den Vögeln die winzigen Geschirre angelegt, kamen ihnen Artgenossen zur Hilfe, um die Fremdkörper zu entfernen. Binnen weniger Stunden hatten sie herausgefunden, wie sich der ausgeklügelte Verschlussmechanismus knacken ließ, und nach drei Tagen war auch der letzte Sender verschwunden.

Studienleiterin Dominique Potvin vermutet, dass die Tiere die Vorrichtungen für eine Art merkwürdige Parasiten hielten, von denen sie ihre buchstäblich verwanzten Kollegen befreien wollten. Und fügt hinzu: »Genau wie die Elstern lernen auch wir Wissenschaftler ständig, Probleme zu lösen. Nun müssen wir zurück ans Reißbrett, um Wege zu finden, mehr Informationen über das Verhalten der Elstern zu sammeln.«

Dabei hatte das Team eigentlich Glück, konnte es so doch einen wissenschaftlichen Beitrag publizieren, der sogar mehr Beachtung fand, als es bei der eigentlich geplanten Studie über Bewegungsmuster und ­soziale Beziehungen der Vögel der Fall gewesen wäre.