Pakistans Premierminister ­Imran Khan bleibt vorerst im Amt

Khan hält sich im Spiel

Pakistans Premierminister Imran Khan konnte ein Misstrauensvotum gegen sich abwenden und beantragte die Auflösung des Parlaments.
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Eine Überraschung hatte Pakistans Premierminister Imran Khan angekündigt, als am Sonntag über einen von der vereinten Opposi­tion erstmals am 8. März vorgelegten Misstrauensantrag entschieden werden sollte. So kam es auch. Der dem Premierminister loyale Stellvertretende Parlamentspräsident Qasim Suri, der die Sitzung der Nationalversammlung am 3. April leitete, setzte das anstehende Votum, das bereits mehrmals verschoben worden war, kurzerhand als »verfassungswidrig« aus. Im Anschluss beantragte Khan die Auflösung des Parlaments, was Neuwahlen binnen 90 Tagen zur Folge hat. Staatspräsident Arif Alvi gab dem Antrag statt, nun liegt der Fall vor dem Obersten Gerichtshof. Das Urteil stand bei Redaktionsschluss noch aus. Die Opposition wollte Khan absetzen, weil er nicht genug zur Wiederbelebung der durch die Covid-19-Pandemie geschwächten Wirtschaft getan und nicht wie versprochen die Regierungsarbeit transparent gemacht habe.

Von der Regierungs- zur Staatskrise, so ließen sich die jüngsten Entwicklungen in Pakistan beschreiben. Nachdem in den vergangenen Tagen der Verlust der parlamentarischen Mehrheit für die Regierung absehbar geworden war, hat Khan sich dennoch vorerst im Amt gehalten. Drei der bisherigen Koalitionspartner seiner Partei Pakistanische Bewegung für Gerechtigkeit (PTI) waren ins Lager der Opposition gewechselt, selbst auf die Stimmen von rund einem Dutzend PTI-Abgeordneten hätte er nicht mehr zählen können.

Khan befindet sich zudem in einem Machtkampf mit dem Militär, dessen Generäle sich in Pakistans Vergangenheit schon mehrfach an die Macht geputscht haben. Die politischen Parteien Pakistans werden vor allem durch Clanstrukturen und starke Führungs­figuren zusammengehalten – oder durch Korruption, ein Grundübel des Landes, dem Khan bei seinem Wahlsieg 2018 den Kampf angesagt hatte. 1996 gründete der ehemalige Cricketnationalspieler die PTI, doch erst bei den Wahlen 2013 konnte sie größere Erfolge feiern, wurde zweitstärkste Kraft und Khan zum Hoffnungsträger für viele, die die leeren Versprechungen kleptokratischer Altpolitiker leid waren. In diese Kategorie gehört unter anderem Khans unmittelbarer Amtsvorgänger Nawaz Sharif mit seiner Pakistanischen Muslimliga – Nawaz (PML-N), der 2017 im Zuge der Enthüllungen der »Panama Papers« als Premierminister abgesetzt wurde. Auch der ehemalige Präsident Asif Ali Zardari (2008 bis 2013), der gemeinsam mit seinem Sohn Bilawal Bhutto Zardari die Pakistanische Volkspartei (PPP) anführt, gilt als korrupt und erhielt einst den vielsagenden Beinamen »Mister zehn Prozent«. Zwar rivalisieren PML-N und PPP normalerweise heftig, sie haben sich aber mit an­deren gegen Khan verbündet.

Dessen Anstrengungen, dem Staat mehr Einnahmen zu bescheren, indem endlich auch die Reichen Steuern zahlen, waren bisher nur mäßig erfolgreich. Zumindest hat er die drückende Schulden- und Tilgungslast des von Krediten des Internationalen Währungsfonds, Chinas und der Golfstaaten abhängigen Landes zuletzt ein wenig erleichtern können. Millionen ärmerer Frauen konnten in seiner Regierungszeit erstmals ein Bankkonto eröffnen, das Gesundheitssystem wurde verbessert und seit 2018 wurden Millionen Bäume gepflanzt.

An Grundproblemen wie Korruption, islamistischem Einfluss und der militärischen Kontrolle über die Politik hat sich jedoch wenig ­geändert, überdies hat die Inflationsrate im Januar 13 Prozent erreicht. Außenpolitisch wetterte Khan unter anderem gegen »Islamophobie« und näherte sich Russland und China an. Dies verärgerte den einst engen Verbündeten USA und dadurch auch die pakista­nische Armee, die von den USA mit großzügiger Militärhilfe unterstützt wirft. Khan wirft der US-Regierung vor, seine geplante Ab­lösung befördert zu haben. Diese bestreitet das und wirft ihm wiederum vor, die afghanischen Taliban unterstützt zu haben.