Die republikanische US-Abgeordnete Marjorie Taylor Greene verhilft Milo Yiannopoulos zum Comeback

Gleich und Gleich gesellt sich gern

Die republikanische US-Abgeordnete und rechtsextreme Verschwö­rungs­­gläubige Marjorie Taylor Greene hat den rechtsextremen Blog­ger und »Ex-Schwulen« Milo Yiannopoulos als Praktikanten eingestellt.

Die Annahme einiger ihrer Kritikerinnen und Kritiker, Marjorie Taylor Greene, seit dem 3. Januar 2021 republikanische Abgeordnete im US-Repräsentantenhaus, sei weniger eine Politikerin als vielmehr eine rechtsextreme Anhängerin von Verschwörungsmythen mit ausgewiesenem Hang zum Trollen, kommt nicht von ungefähr. Die Unternehmerin gewann ihr Mandat im 14. Wahlbezirk des US-Bundesstaats Georgia nach einer 31tägigen Hasskampagne, die sich gegen ihren demokratischen Gegenkandidaten Kevin Van Ausdal richtete. Dieser, der sich unter anderem gegen den von Greene verbreiteten Qanon-Verschwörungsmythos gewandt hatte, erklärte entnervt seinen Rückzug, nachdem er zahlreiche Morddrohungen von Greenes Anhängern erhalten hatte.

Greene nutzt nun jede Gelegenheit, der politischen Konkurrenz mit ihren Verschwörungstheorien auf die Nerven zu gehen: Hinter den Waldbränden in Kalifornien 2018 steckten Geschäftsinteressen jüdischer Politiker und Unternehmen, Amokläufe und rechten Terrorismus stellte sie als false flag-Operati­onen dar, das Schutzmaskengebot während der Covid-19-Pandemie verglich sie mit dem Zwang für Jüdinnen und Juden, unter der Nazi-Herrschaft den gelben Stern zu tragen.

Die Republikanerin Greene nutzt jede Gelegenheit, der politischen Konkurrenz mit ihren Verschwörungstheorien auf die Nerven zu gehen.

Fakten haben Greene während ihrer bisherigen politischen Karriere selten interessiert, und so ist auch zu vermuten, dass sie die Aufregung über ihre neuste Auslassung schlicht aussitzen wird. Am 6. Juni hatte sie zu einem Thema getwittert, das weltweit zur rechten Herzensangelegenheit geworden ist: Die angeblich von links gesteuerte sexuelle Früherziehung von Kindern mit dem Ziel, traditionelle Geschlechter­rollen verschwinden zu lassen oder Kinder zu leichten Opfern sexueller Übergriffe zu machen. Sie wetterte dagegen, Kinder mit in Drag-Shows und Strip-Clubs zu nehmen – was selten passieren dürfte –, und schrieb weiter, es sei ihr herzlich egal, was zwei Erwachsene aus eigenem Willen sexuell miteinander trieben. Anders sei es allerdings bei Erwachsenen, die »Kinder sowohl geistig als auch körperlich sexuell trainieren«. Man müsse Kinder vor jeglichem ­Missbrauch schützen.

Kurz davor hatte sie jedoch den rechts­extremen Troll Milo Yiannopoulos, der sich selbst als »Ex-Schwulen« bezeichnet, als Praktikanten eingestellt. Der 37jährige war seiner Entlassung beim Alt-Right-Magazin Breitbart im Februar 2017 durch Kündigung zuvorgekommen, nachdem ältere Videos von ihm aufgetaucht waren, in denen er davon sprach, dass sexuelle Beziehungen zwischen Erwachsenen und Kindern ab einem Alter von 13 Jahren nicht als Pädophilie gewertet werden sollten, weil beispielsweise Jungen in Beziehungen mit Männern dabei unterstützt werden könnten, sich selbst zu finden. Pädophilie betreffe nur Kinder, die noch nicht in der Pubertät seien. Greene bog sich die Geschichte nur wenige Stunden nach ihrem Tweet gegenüber der Presse so zurecht: »Ich habe also einen Praktikanten, der als junger Teenager von einem Priester vergewaltigt wurde, schwul war, irgendwann alle beleidigt hat, sein Leben wieder auf Jesus und die Kirche ausgerichtet und verändert hat – großartige ­Geschichte.«

Nach seinem Ausstieg bei Breitbart begann Yiannopoulos’ Popularität zu schwinden. Von Twitter war er bereits 2016 verbannt worden, 2019 dann auch von Facebook, bei beiden hatte er Millionen Follower. Geplante Vortragsreisen, etwa nach Australien, scheiterten unter anderem an seinen horrenden Honorarforderungen. Zur gleichen Zeit wurden finanzielle Unregelmäßigkeiten bekannt. Yiannopoulos hatte 2016 mit »Privilege Grant« ein spendenfinanziertes Stipendienprogramm für weiße männliche Studierende aufgelegt. Doch mehr als eine Viertelmillion US-Dollar an Spenden verschwanden spurlos, das Programm wurde im März 2018 eingestellt. Im selben Jahr wurde zudem bekannt, dass Yiannopoulos zwei Millionen US-Dollar Schulden hatte. Viele Alt-Right-Finanziers und -Prominente wandten sich nun von ihm ab. Im Dezember 2020 postete er auf der Plattform Parler, dass er seine Unterstützung für Donald Trump bitter bereue und »den Rest seines Lebens der Zerstörung der Republikanischen Partei widmen« werde.

Ein Praktikum bei Greene könnte ein adäquater Anfang sein, schließlich bezeichnete der Fraktionsvorsitzende der Republikaner im US-Senat, Mitch ­McConnell, ihre Ansichten 2021 als »Krebs« für die Partei. Bislang hat Yiannopoulos als Praktikant auf Telegram eher lahme Postings veröffentlicht, die seine Chefin verherrlichen sollen. Als nächstes will Yiannopoulos, der von sich behauptet, durch eine Therapie vom Schwulsein geheilt worden zu sein, in Kalifornien eine »­Konversionsklinik« eröffnen – finanziert durch Spendengelder.