Unter dem Slogan »Flachliegen« ­sabotieren junge Chinesen den Leistungszwang

Ich leg’ mich lieber nochmal hin

»Flachliegen« heißt eine subversive Praxis junger Menschen in China, die sich gegen den kapitalistischen Leistungsdruck richtet und Arbeitsabstinenz propagiert.

Bei einer pompösen Zeremonie im ­Februar 2021 verkündete Präsident Xi Jinping in Peking, die Volksrepublik China habe innerhalb der vergangenen acht Jahre fast 100 Millionen Menschen aus der Armut befreit und die absolute Armut im Land damit endgültig beseitigt. Xis aufgeblasene Rhetorik von einem »totalen Sieg« über die Armut und das Ziel »gemeinsamen Wohlstands« für alle stehen in krassem Gegensatz zur Lebensrealität vieler Chinesen, die sich in einem turbokapitalistischen System mit unzureichender sozialer Absicherung wiederfinden.

Dieser Gegensatz stößt offenbar vielen bitter auf. Zwei Monate nach Xis Rede begann ein neuer Begriff durch die Kommentarspalten der sozialen Medien zu geistern: »Flachliegen« (tang ping) hieß die Antwort einiger Internetnutzer auf die oftmals überwältigenden Erwartungen des Parteistaats, des Arbeitgebers und der Familie an die junge Generation.

Chinas Einzelkinder stehen unter enormem Leistungsdruck.

Neben sarkastischen Kommentaren machte sich schnell auch eine defätis­tische Stimmung breit. Internetnutzer diskutierten über neue Lebensentwürfe, die sie aus dem Hamsterrad der chinesischen Leistungsgesellschaft befreien sollten. Vor allem junge Chinesen, die in oder nach den neunziger Jahren geboren wurden, zeigen sich angesichts des Erfolgsdrucks und der gleichzeitig sinkenden Chancen auf sozialen Aufstieg immer häufiger resigniert.

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