Homestory

Homestory #26

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»Es ist auch eine Documenta, die einen ganz anderen Blick ermöglicht, die heiter ist«, sagte die Generaldirektorin der Documenta, Sabine Schormann noch am 23. Juni im Interview mit dem Spiegel, als die eindeutig antisemitischen Darstellungen bereits bekannt­geworden waren. Kritik an der Konzeption dieser Kunstschau vor deren Eröffnung wurde abgewehrt und diskreditiert – sich damit auseinanderzusetzen, hätte wohl die heitere Stimmung verderben oder die Veranstaltung ganz in Frage stellen können.

Es gehört zu den erstaunlichsten Behauptungen bei solchen Diskussionen, dass die Kritiker des Antisemitismus als Vertreter eines übermächtigen Konsens dargestellt werden, den die Verteidiger der antiisraelischen Boykottbewegung BDS als mutige Kämpfer für eine offene Debatte in Frage stellen. Selbst die eingefleischtesten Linken mutieren rhetorisch zu Kämpfern gegen verengte Diskurskorridore, cancel culture oder wie auch immer die aus dem Repertoire der Rechtspopulisten hinlänglich bekannten Schlagworte lauten, wenn sie empört ihr Recht auf unbedingte und uneingeschränkte vermeintliche Israel-Kritik einfordern.

Die Realität sieht so aus, dass sich, wer den Antisemitismus auch dort kritisiert, wo die Kritisierten qua Selbstverständnis auf der Seite des Guten stehen, sei es im Kunst- oder Kulturbetrieb oder in der Linken, damit meist keine Freunde macht. Eine klare Benennung von Antisemitismus und der Verantwortlichkeit dafür stößt im besten Fall auf Abwehrreflexe und Relativierungen, wie sie in ­einer postfaschistischen Gesellschaft offenbar zum Inventar gehören. Gern gehen die Kritisierten auch gleich zum Gegenangriff über und denunzieren die Kritiker als Rassisten oder Schlimmeres – als sei damit aus der Welt geräumt, was sich nun mal nicht weg­diskutieren lässt.

Die »German Antideutsche« sind denn auch für Linke weltweit ein beliebtes Feindbild. Es ist wohl bequemer, die Sache so darzustellen, als argumentiere man beim eigenen vehementen Antizionismus vor allem gegen eine angeblich spezifisch deutsche Befangenheit oder eine sogenannte eurozentrische Perspektive und nicht gegen das Existenzrecht des einzigen jüdischen Staates. Aber, wie es so schön heißt: Wer braucht schon Freunde?