Sehnsucht auf Abruf
Es ist lange her, dass die Yeah Yeah Yeahs mit ihrem Debütalbum »Fever to Tell« in diese eigenartige New Yorker Rock-Revival-Szene der frühen nuller Jahre krachten. Die Zeit, die seit 2003 vergangen ist, fühlt sich beinahe länger an, als sie tatsächlich ist, bedenkt man die ganzen Krisen der vergangenen Jahre, die in der Rückschau dem Jahr 2003 – immerhin das Jahr, in dem der Irak-Krieg begann – eine beinahe unschuldige Aura verleihen.
»Fever to Tell« verströmt aus heutiger Perspektive diese Unschuld, mit seinem typischen Yeah-Yeah-Yeahs-Sound aus hellen, sehnsuchtsvollen Gitarrenklängen, stetig treibendem Beat und der Stimme von Karen O, die eben so klingt, wie sie klingt. Alles war zappelig, nervös und ganz schön angsty, wie die US-Amerikaner sagen – und die Filmaufnahmen der Bühnenshows von damals lassen einen fast vergessen, was aus dieser Generation an Millennials heute geworden ist. Die Angst war teenage angst. Heute ist das anders.
Das fünfte Album »Cool It Down« steigt gleich mit den ganz großen Fragen ein, die sich eine Mutter stellt, die ein Kind in der Klimakrise großzieht. »Spitting off the Edge of the World« beschwört sämtliche Sehnsüchte der »alten« Yeah Yeah Yeahs zumindest auf der Ebene des Sounds und führt sie in eine Welt, in der nicht klarzukommen keine verschroben-individuelle Sache ist, sondern eine gesellschaftlich-kollektive. »Cowards / Here’s the Sun / So bow your heads« ist als eröffnende Songzeile zwar eine Drohung, doch diese Drohung wird durch schmachtende Soundwände und glitzernde Synthesizer derart kontrastiert, dass die Erkenntnis, mit dieser Krise zu leben, keine resignative wird. Klar: Die Yeah Yeah Yeahs waren immer Sehnsucht auf Abruf, doch sie wussten zumindest, Differenz in die Sehnsucht einzubauen.
Um den Rest an Indierock wäre es nicht schade, wenn er nur endlich endgültig verschwände; die Yeah Yeah Yeahs aber dürfen allein wegen dieses Songs gerne noch weitermachen.
Yeah Yeah Yeahs: Cool It Down (Secretly Canadian)