Der Rapper Kanye West ist bei offener Hitler-Verehrung angekommen

Antisemitische Tiraden

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Wie schafft man es, den bekannten Verschwörungstheoretiker Alex Jones als einen vergleichsweise geradezu vernünftigen und besonnenen Zeitgenossen aus­sehen zu lassen? Man zieht sich eine Art Strumpfhose übers Gesicht, setzt sich neben Jones in dessen Studio und erzählt, dass man Hitler liebt. So hat es vergangene Woche Kanye West getan, der derzeit wohl berühmteste Antisemit der USA, wenn nicht der Welt.

Kanye West galt schon eine Weile als etwas exzentrisch, er machte mit irrlichternden Aussagen Schlagzeilen und wurde als bipolar diagnostiziert. Doch seit einigen Wochen hat bei ihm ein Abstieg eingesetzt, der durchaus mit dem deutschen »Querdenken«-Koch Attila Hildmann vergleichbar ist, der ja auch irgendwann bei der offenen Hitler-Verehrung ankam. Nur ist Kanye West nicht irgendein deutscher Kochbuchautor, sondern einer der prägenden HipHop-Künstler des vergangenen Jahrzehnts; Milliardär und ein echter Superstar. Die US-amerikanischen Konservativen sind nicht gerade verwöhnt, was die Unterstützung prominenter Figuren aus der Kulturindustrie angeht. Berühmte Schauspieler, Musiker und Rapper sind eigentlich alle liberal, die Republikaner haben kaum mehr als Clint Eastwood zu bieten. Dementsprechend war die Begeisterung groß, als West sich vor einigen Jahren eine rote »Make America Great Again«-Mütze aufsetzte und sich zum Trump-Fan erklärte. Endlich ein Star, der Trump unterstützt – und dann auch noch ein Schwarzer! Als Wests Äußerungen dann in den vergangenen Monaten immer mehr in einem Morast narzisstischen Verfolgungswahns versanken, wurde auch das zunächst geflissentlich ignoriert. Der Fox-News-Moderator Tucker Carlson lud West noch Anfang Oktober zu einem großen Interview ein, nachdem dieser auf der Paris Fashion Week ein »White Lives Matter«-T-Shirt getragen hatte. Verschiedenen Medien zufolge hatte West schon in diesem Interview antisemitische Andeutungen gemacht, die Carlson allerdings hatte herausschneiden lassen, weil er ­seinen Zuschauern ja gerade zeigen wollte, wie seriös West eigentlich sei.

Kurz darauf konnte West sich nicht mehr zurückhalten und begann, ganz offen antisemitische Tiraden von sich zu geben. Und so saß er nun vergangene Woche mit dem Faschisten Nick Fuentes (siehe Seite 18) in der Talkshow »Infowars« beim Verschwörungstheoretiker Alex Jones und wurde von diesem geradezu angefleht, sich doch ein bisschen zurückzuhalten. »Ich glaube nicht, dass Hitler ein Supertyp war«, sagte Jones an West gerichtet. »Können wir nicht einfach sagen: Du magst die Uniformen, das war es aber auch?« Kanye West entgegnete: »Nein. Es gibt viele Dinge, die ich an Hitler liebe. Viele Dinge.«