11.05.2023
Ugandas Parlament hat das umstrittene Gesetz über Homosexualität verabschiedet

Tödliches Gesetz

Das ugandische Parlament hat einen neuen Entwurf für ein Gesetz gegen Homosexualität beschlossen. Auf internationalem Druck hin wurden einige Änderungen am ursprünglichen Text vorgenommen, die Androhung der Todesstrafe bleibt jedoch enthalten.

Das umstrittene Gesetz gegen Homosexualität in Uganda hat eine weitere Schleife durch die Nationalversammlung gedreht. Mit nur einer Gegenstimme beschlossen die Abgeordneten am 2. Mai eines der weltweit schärfsten Gesetze zur Kriminalisierung von Schwulen und Lesben. Präsident Yoweri Museveni von der Partei National Resistance Movement (NRM) hatte gegen das vor sechs Wochen ursprünglich beschlossene Gesetz ein Veto eingelegt und es nun mit wenigen Änderungsvorschlägen an das Parlament zurückgegeben (»Mit antikolonialer Rhetorik gegen Homosexuelle«, Jungle World 12/2023).

Der überarbeitete Gesetzesentwurf sieht vor, dass homosexuelle Handlungen nach wie vor illegal sind, aber die Selbstidentifizierung als homosexuell straffrei bleibt, solange keine homosexuellen Handlungen vorgenommen werden. Gleichgeschlechtliche Beziehungen sind illegal und können nach wie vor mit bis zu lebenslanger Freiheitsstrafe geahndet werden. Der Gesetzentwurf ist kaum weniger extrem als die erste Vorlage, schließt er doch die Todesstrafe für »schwere Homosexualität« ein, zu der auch Sex mit Minderjährigen, mit HIV-Positiven oder psychisch Kranken sowie Inzest gehören.

Auch die öffentliche Fürsprache für Homosexualität kann bis zu 20 Jahre Haft nach sich ziehen, die Vermietung von Wohnungen an Schwule und Lesben sieben Jahre. Damit kriminalisiert das Parlament nicht nur Homosexuelle, sondern versucht, das gesamte Unterstützungsnetzwerk in Uganda zu zerschlagen. Einen Vorgeschmack erhielt die Organisation Sexual Minorities Uganda im August vorigen Jahres, als die Regierung sie dazu zwang, ihre Arbeit einzustellen. Wenn das neue Gesetz in Kraft tritt, würde es NGOs und safe houses, die den Betroffenen geheime Rückzugsorte bereitstellen, großen Gefahren aussetzen.

Der erste Entwurf hatte nicht nur auf homosexuellen Geschlechtsverkehr gezielt, sondern auch auf die bloße Identifikation als »lesbisch, schwul, transgender, queer oder eine andere sexuelle oder geschlechtliche Identität, die den binären Kategorien von männlich und weiblich widerspricht«. Dieser Passus wurde nun gestrichen. Damit folgte das Parlament der Forderung Musevenis, »dass nicht der Zustand einer abweichenden Neigung kriminalisiert wird, sondern die Handlungen einer Person, die diese abweichende Neigung auslebt«. Auch die allgemeine Pflicht zur Anzeige von Homosexuellen wurde auf Wunsch des Präsidenten wieder herausgenommen.

Trotz seiner Einwände befürwortet Museveni das Vorhaben im Grundsatz. So kündigte er bereits im April an, das überarbeitete Gesetz zu unterzeichnen. Er gratulierte den Abgeordneten, dass sie »den Druck der Imperialisten zurückgewiesen haben.« Damit verwies er auf die zahlreichen Interventionen westlicher Staaten und Organisationen in der Debatte über das Gesetz gegen Homosexuelle. Vor diesem Hintergrund erscheinen die Änderungsvorschläge des Präsidenten als oberflächliche Zugeständnisse an die »internationale Gemeinschaft«.

Jüngst forderte die Menschenrechtsbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Luise Amtsberg, den Präsidenten auf Twitter dazu auf, das Gesetz nicht zu verabschieden, da es »den internationalen Menschenrechtsverpflichtungen Ugandas zuwiderläuft«. Auch die USA, Kanada, Großbritannien sowie die Europäische Union und die Vereinten Nationen haben das Gesetzesvorhaben öffentlich verurteilt. Die US-Regierung deutete bereits wirtschaftliche Sanktionen an, sollte Museveni unterschreiben.

Ähnliches fordert in Deutschland die Partei »Die Linke«, nämlich eine »deutliche Reaktion Deutschlands und der Europäischen Union«. Die LGBT-Organisation der FDP, Liberale Schwule und Lesben (LiSL), schlägt vor, Uganda »nicht mehr mit westlichen Steuergeldern« zu finanzieren und vom Zugang zum EU-Binnenmarkt auszuschließen.

Solche ökonomischen Interventionen werden unter afrikanischen Menschenrechtsorganisationen kontrovers diskutiert. 2011 hatten 50 NGOs in einem offenen Brief an die britische Regierung gefordert, an finanzielle Unterstützung keine Bedingungen zu knüpfen. Schließlich seien unterdrückte Bevölkerungsgruppen häufiger auf humanitäre Hilfe angewiesen und könnten unter finanziellen Kürzungen noch stärker leiden. Seitdem flammt diese Debatte immer wieder auf, insbesondere beim Thema Homosexualität.

Das ugandische Beispiel zeigt außerdem, wie der Druck aus dem Westen genutzt werden kann, um sich als antikoloniale Regierung zu profilieren. Die Vorwürfe der Korruption, mit denen mehrere Kabinettsmitglieder konfrontiert sind, ziehen nun weniger Aufmerksamkeit auf sich, die antiwestliche Rhetorik kommt den Herrschenden dabei sehr gelegen.

Da Homosexualität als Importprodukt aus dem Globalen Norden gilt, werden Homosexuelle als Stellvertreter des Imperialismus bekämpft. Dass es die britische Kolonialmacht war, welche die Kriminalisierung gleichgeschlechtlicher Sexualakte in Ostafrika einführte, spielt dabei keine Rolle. Auch scheut sich die ugandische Regierung nicht, mit westlichen Reaktionären zusammenzuarbeiten. Beispielsweise nahm Janet Museveni (NRM), die Frau des Präsidenten und Ministerin für Erziehung und Sport, Anfang April an einer Tagung von Family Watch International in Uganda teil. Die US-amerikanische Organisation setzt sich weltweit für eine reaktionäre Familienpolitik und gegen die Rechte von Homosexuellen ein.