Die Berliner CDU träumt von Hyperloop und Flugtaxis

Die Union hebt ab

Die Berliner CDU will Flugtaxis und Hyperloop fördern. Doch unkritische Technologiebegeisterung ist kein Beitrag zu besserer Mobilität.
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Unter Technologieoffenheit wird in Deutschland meist verstanden, alles zu bejubeln, was Unternehmen auf den Markt werfen oder zu werfen gedenken. Da den Unternehmen nicht zugemutet werden kann, die für den Einsatz solcher Erfindungen nötige Infrastruktur selbst zu bezahlen, müssen ihnen staatliche Subventionen versprochen werden – selbstverständlich ohne diesen der Marktideologie widersprechenden Begriff zu benutzen.

»Das Land Berlin fördert aktiv die Erforschung, Entwicklung und Implementierung von Lufttaxis, Drohnentechnologien und Hochgeschwindigkeits-Transportsystemen, um innovative Mobilitätsoptionen in der Stadt zu schaffen«, heißt es daher in einem Antragsentwurf der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. »Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, den Verkehr in Berlin zu entlasten, die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern und innovative Verkehrslösungen zu fördern.« Dazu sollen unter anderem die Förderung des Hyperloop und die »Schaffung sicherer Landeplätze in geeigneten urbanen Gebieten« für Lufttaxis gehören.

Der Hyperloop ist eine Idee von Elon Musk: In einer Vakuumröhre wird eine Kapsel oder ein Zug annähernd auf Schallgeschwindigkeit beschleunigt – theoretisch, bislang fanden nur Testfahrten unter Laborbedingungen statt. »Das Konzept widerspricht den fundamentalen Gesetzen der Physik nicht, aber ich bin nicht sicher, ob es im Detail funktioniert«, urteilt R. John Hansman vom Massachusetts Institute of Technology. Unklar ist überdies, ob die potentielle Kundschaft es reizvoll finden wird, in einer fensterlosen Kapsel mit der Geschwindigkeit eines Düsenjets durch eine enge Röhre zu sausen, in der man im Fall einer Panne nicht atmen kann.

Von solcher Bedenkenträgerei will sich die Berliner CDU offenbar nicht bremsen lassen. Interessierte Unternehmen kommen gutwilligen Politiker:innen insofern entgegen, als sie versprechen, dass das alles gar nicht so teuer werde. So behauptet das von interessierten Unternehmen finanzierte Delft Hyperloop Team auf seiner Website, der Bau einer unterirdischen Vakuumröhre würde 61 Millionen Euro pro Kilometer kosten. Der logistische Aufwand wäre aber zweifellos viel größer als für den Bau einer U-Bahn-Trasse. Der kostet pro Kilometer mehr als 200 Millionen Euro – wenn alles nach Plan läuft, was bei Großbauprojekten fast nie der Fall ist.

Der Hyperloop kann sein Potential aber ohnehin nur auf längeren Strecken entfalten. Solange es keine Vereinbarungen mit Hamburg, Leipzig oder Warschau gibt, kann man der CDU ihre kindische Freude an Musks technologischen Visionen also gönnen. Etwas anders verhält es sich mit Lufttaxis. Die gibt es bereits, und die an der Vermarktung interessierten Unternehmen versichern, dass der Flug mittelfristig nicht mehr kosten werde als eine Taxi- oder Uber-Fahrt.

Soll das Lufttaxi die Beförderung mit dem Auto ersetzen, darf der Landepunkt allerdings höchstens einige hundert Meter vom Ziel entfernt sein. Einen etwas größeren Landeplatz als Karlsson vom Dach braucht so ein Lufttaxi schon, bei genauerer Überlegung dürften Stadtplaner:innen also erkennen, dass dieses Verkehrsmittel für den innerstädtischen Massentransport kaum geeignet ist. Sinnvolle Anwendungsmöglichkeiten gäbe es, unter anderem bei eiligen medizinischen Transporten, wahrscheinlicher ist aber ein Prestigeprojekt, das etwa den Flughafen BER mit dem Potsdamer Platz verbindet.

Dass es derzeit dringlicher wäre, etwas gegen den desaströsen Zustand des unterfinanzierten öffentlichen Nahverkehrs zu unternehmen und mehr Radwege einzurichten, sollte niemanden daran hindern, über neue Lösungen nachzudenken. Unkritische Technologiebegeisterung ist dabei aber ein Hindernis. Warum sollten Unternehmen viel Geld ausgeben, um etwas Innovatives und Brauchbares erfinden, wenn halbgare Gadgets und Projekte hinreichend Profit versprechen?