Seeschlacht vor Oslo: Der Brutplatz der Rauers hat eine finstere Vorgeschichte

Fischadler-Soap: Brüten, wo die »Blücher« sank

Das Fischadlerehepaar bezieht Quartier an historischem Ort, aber die Vergangenheit scheint die werdenden Eltern nicht zu interessieren. Man genießt lieber den Blick auf den Oslofjord.

Die Fischadlerfamilie Rauer brütet zurzeit vor sich hin. Ohne zu ahnen, dass sich ihr Nest dort befindet, wo die ersten Schüsse auf das Nazi-Schlachtschiff »Blücher« abgefeuert wurden. Am 8. April 1940 entdeckte die Besatzung der »Pol III«, einem zum Überwachungsschiff umgerüsteten Walfänger, kurz nach 23 Uhr im Oslofjord einen in der Dunkelheit nicht identifizierbaren Flottenverband.

Kapitän Leif Welding-Olsen entschied, eine rot-weiße Rakete in Richtung des nahegelegenen Küsten-Forts Rauøy abzufeuern, ein Code für »fremde Kriegsschiffe unterwegs«. Eine an die Station Horten gerichtete telegraphische Warnung wurde von den Deutschen abgefangen, die »Pol III« umgehend aufforderten, sich zu ergeben. Kapitän Welding-Olsen antwortete »Nein!«, woraufhin das Feuer eröffnet wurde und der 44jährige als erster Norweger im Zweiten Weltkrieg fiel.

Kurz darauf, um 23.30 Uhr, wurden vom vorgewarnten Fort Rauøy aus zwei deutsche Kriegsschiffe entdeckt und mit Artilleriegranaten angegriffen, aber die Attacken blieben folgenlos. Um 5.30 Uhr begann dann der Kampf um das Fort, zwei deutsche Landungsboote machten in der Reve-Bucht der Insel fest. Um kurz vor acht Uhr ergab sich das Fort aufgrund eines falsch übermittelten Befehls, zwei norwegische und mindestens 60 deutsche Soldaten waren bis zu diesem Zeitpunkt auf der Insel gefallen.

Die Besatzer installierten auf Rauøy eine Marineartillerieschule. Später wurde dort außerdem ein Lager für sowjetische Kriegsgefangene errichtet, die als Zwangsarbeiter beim Ausbau des Forts zur deutschen Festungsanlage schuften mussten. Nachdem die Wehrmacht in Norwegen kapituliert hatte, wurden auf der Insel 381 Kriegsgefangene befreit.

Heute ist die Insel immer noch im Besitz des norwegischen Militärs. Die »Blücher« war durch norwegisches Abwehrfeuer am 9. April 1940 im Oslofjord versenkt worden. Weil sich dadurch die Einnahme Oslos verzögerte, konnte König Haakon VII. mitsamt der norwegischen Regierung sowie den Goldreserven nach England fliehen. Die »Pol III« wurde 2011 abgewrackt.