Sonntag, 19.08.2018 / 19:56 Uhr

Der Fall Ashwaq T. - Die Bedeutung des Einzelfalles und Gerüchte zwischen Dohuk und Stuttgart

Von
Philipp Thiée

Bild: Youtube

 

Die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung und die Rezeption von Ereignissen einerseits und das real Geschehene andererseits fallen heute auseinander wie wohl kaum jemals zuvor. Aus realen Ereignissen werden unmittelbar Gerüchte, wenn sie vor dem Hintergrund eines Vorverständnisses verbreitet werden, dass sie bestätigen könnten. Die Art und Weise wie Geschehen weiter getragen werden, sagt dabei oft mehr über den Verbreitenden aus als über die Sache selbst. Es werden Einzelfälle, über die man in Wirklichkeit kaum etwas weiß, unter einer Überschrift präsentiert, um zu beweisen, dass die Gefahr, die einen selbst beschäftigt, allgegenwärtig ist. Am besten geht das, wenn man ein Opfer präsentieren kann, in dessen Angelegenheiten man zu sprechen meint.

Ein Skandal

So scheint es im Moment bei der Skandalisierung des Falles der Yezidin Ashwaq T. zu sein. Diese hat dem nordirakischen Nachrichtenportal  Basnews ein Interview gegeben, aus dem hervorgeht, dass sie von Deutschland aus in den Irak zurückgekehrt sei, weil sie sich in Schwäbisch Gmünd nicht mehr vor dem IS sicher gefühlt habe.

Deutschland sei vor der Islamisierung derart eingeknickt, dass Yeziden jetzt sogar aus dem Merkel-Land fliehen müssen.

Ashwaq T. war seit 2015 Teilnehmerin eines sehr aufwendigen Programmes für traumatisierte Yezidinnen, die dem Genozid und der Sklaverei des IS im Irak entkommen waren, welches von dem Land Baden-Württemberg maßgeblich initiiert wurde

Bei Basnews, das im Ruf steht, ein Sprachrohr der im Nordirak herrschenden KDP zu sein, die sich dem Vorwurf ausgesetzt sieht, die Yeziden in Shingal nicht ausreichend beschützt zu haben, was letztlich zu einer Aufwertung der PKK führte, heißt es:

“A day in 2016, I was going back home from school when I felt a man was following me. I did not look at his face carefully, but I was scared. He followed me until I entered the refugee camp. I immediately told my mother, but she ensured me that everything will be fine. She said: this is Germany and no one could ever hurt you,” Ashwaq remembered. 

The Yezidi girl continued her normal life until early 2018 when she was stopped by a man on her way back home. “Someone stopped me, on 21st February this year.  I froze when I looked at his face carefully. It was Abu Humam, with the same scaring beard and ugly face. I was speechless when he started speaking in German, asking ‘You’re Ashwaq, aren’t you?”

Ashwaq replayed “No”.

“Yes, you are Ashwaq and you know me very well. I am Abu Humam and you were with me for a while in Mosul. And I know where you live, with whom you live, and what you are doing,” (…) “The police told me that he is also a refugee, just like me, and that they could not do anything about it. They just gave me a phone number that I could contact in case Abu Humam ever stopped me. After this response, I decided to return to Kurdistan and never go back to Germany.

In dem Report werden sodann vorsichtig Fragen an die deutsche Regierung aufgeworfen, die darauf abzielen, dass in Deutschland Yeziden – im Gegensatz zum Nordirak heute – nicht ausreichend vor dem IS geschützt werden würden. Die Aussagen von Ashwaq T. werden dabei in keiner Form überprüft – auch wurde nicht vor Veröffentlichung in Deutschland Recherche betrieben.

Die Bildzeitung griff diese Fragen hingegen gar nicht mehr so vorsichtig mit dem gleichen Rechercheaufwand auf:

„Was für ein Albtraum! Ein jesidisches Mädchen wird von einem ISIS-Terroristen in Syrien versklavt, entkommt nur knapp, findet Asyl in Deutschland – und trifft hier ihren Peiniger wieder. Und das Schlimmste: Deutsche Behörden können – oder wollen – ihr nicht helfen!“

 

Geschichte als Beweis des Unterganges des Abendlandes

Die Geschichte wird zeitgleich auch an anderer Stelle aufgegriffen und entsprechend kommentiert. So schreibt das, Assad und dem Kreml nahestehende, Nachrichtenportal Southfront.org z. B.:

“Former Yazidi Slave Flees Germany after Being Confronted By Her ISIS Captor-Turned Refugee (…) The girl reported him to German Police. However, German authorities claimed that they have no grounds to arrest him.”

In den Kommentarspalten ist sofort klar, wie das zu verstehen ist: Deutschland sei vor der Islamisierung derart eingeknickt, dass Yeziden jetzt sogar aus dem Merkel-Land fliehen müssen.

Einige Beispiele:

Thanks to Merkel, these scumbags are prowling about German streets looking for some victims at the moment. (…)It's hilarious to see a person fleeing Germany to Iraq for SECURITY. (…)No grounds to arrest him?? Is that girl invisible ??? Does her word mean nothing to police in Germany??? (…)Uhh... White Helmets wouldn't be arrested. Like ever.

Auf Facebook kommentieren Verbreiter der Geschichte von der yezidischen Frau offen, ohne Prüfung und Kenntnis selbst des zunächst verbreiteten Sachverhalts, mit dem Ziel den Untergang des Abendlandes wegen eines deutschen Schuldkomplexes zu behaupten. Beispielhaft folgender Kommentar:

In Genf wurden kürzlich 5 Frauen von mehreren Männern mutmaßlich aus dem Maghreb brutal verprügelt, in Offenburg vor wenigen Tagen ein Arzt von einem 2015 eingereisten „Flüchtling“ aus Somalia abgestochen. Derweil lebt ein tatsächlicher Flüchtling, eine junge Jesidin, hier in Angst und Schrecken, weil sie ihrem hier ebenfalls als Flüchtling geltenden IS-Peiniger begegnete. (...) Mit Bezug auf den Jargon der „Weltoffenheit“ und „Vielfalt“ machte ich recht unspektakulär einmal das „‚Willkommenskultur‘ geheißene Destruktionspotenzial einer an seiner nationalsozialistischen Vergangenheit erkrankten Gesellschaft“(Achgut, 14.12.17) für obige und ähnlich gelagerte Zustände verantwortlich

Doch schon die Bild-Zeitung weist auch auf eine Irritation in der Sache hin, die nicht in dieses Deutungschema passt, indem der Autor auf einen Widerspruch in der Berichterstattung von Basnews hinweist:

„Ich werde niemals dorthin zurückkehren“, wird sie im „Basnews“-Bericht zitiert. In ihrem Youtube-Video zeigt sie sich dagegen dankbar gegenüber Deutschland für die Aufnahme und Hilfe bis dahin. „Ich danke allen Deutschen“, sagt sie darin.

 

Lokalpresse fragt

So ist es dann die Lokalpresse, die auf die Idee kommt, die deutschen Behörden selber zu dem Fall zu befragen:

Die Stadt Schwäbisch Gmünd bestätigt, dass die Jesidin Aschwak Talo sich im Februar 2018 dort aufhielt – und berichtet, dass Talo das Treffen mit Abu Humam meldete. Markus Herrmann, Sprecher des Schwäbisch Gmünder Oberbürgermeisters Richard Arnold (CDU), sagte, Talo habe der Stadt am 19. Februar 2018 berichtet, sie habe ihren IS-Peiniger Abu Humam in Schwäbisch Gmünd gesehen. Im Video berichtet Talo allerdings, sie sei Abu Humam erst am 21. Februar begegnet. Die Stadt, sagt Herrmann, habe den Fall sofort beim Staatsschutz und den Ermittlungsbehörden gemeldet. Seit März 2018 ermittelt nach Auskunft des Stuttgarter Innenministeriums das Landeskriminalamt gegen Abu Humam. Verantwortlich für den Fall ist mittlerweile die Bundesanwaltschaft. Die Behörde kümmert sich in Deutschland um besonders schwere, staatsgefährdende Straftaten und um Verbrechen des Völkerstrafrechts. (…) Anhand der Schilderungen Talos hätten die Beamten aber keine konkrete Person identifizieren und dem genannten Namen Abu Humam keine reale Person zuordnen können. Die Bundesanwaltschaft ermittle trotzdem wegen Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch. „Die Bundesanwaltschaft hätte die Zeugin gerne ergänzend befragt“, teilte Sprecherin Frauke Köhler mit. Talo sei aber schon ausgereist gewesen, als die Bundesanwaltschaft zu ermitteln begann.

Soviel dazu, dass deutsche Behörden gegen Islamisten nicht helfen wollen. Auch melden sich nun diejenigen zu Wort, die unmittelbar mit dem Projekt zur Betreuung traumatisierter Yezidinnen zu tun haben.

So erklärt der für dieses Projekt tätige Traumatologe Prof. Kizilhan kühlen Kopfes und mit gebotener Vorsicht:

„Frage: Gegen die Polizei werden schwere Vorwürfe erhoben: Die Beamten seien untätig geblieben.

Antwort: Ich selber habe mit Polizeibeamten gesprochen, sie sensibilisiert, als die ersten Jesiden im Jahr 2015 nach Baden-Württemberg kamen. Für mich ist nicht nachvollziehbar, dass Polizisten, wenn sie um Hilfe gebeten werden, die Frau lapidar abfertigen und nicht reagieren sollen.

Frage: Wie sind Ihre eigenen Erkenntnisse zu dem Fall?

Antwort: Mir ist der Fall Aschwak Talo seit Anfang des Jahres bekannt. Ich frage mich seither, warum die Frau zu ihrem Vater in den Irak zurückgekehrt ist. Die Sicherheitslage dort ist, auch wegen der immer noch aktiven IS-Kämpfer, deutlich schlechter als in Deutschland. Daher ist für mich dieser Schritt nicht nachvollziehbar.

Frage: Was könnte passiert sein, dass sich Aschwak Talo in Deutschland nicht mehr sicher fühlte?

Antwort: Aschwak Talo könnte einen Mann gesehen haben, der ihr Peiniger war oder ihm sehr ähnlich sieht, der sie an den IS-Kämpfer erinnert. Dieses Erlebnis könnte eine Gedächtnisstörung ausgelöst haben.“

 

Gerüchtekarussell dreht sich

Das Gerüchtekarussell von der vor Islamisten eingeknickten Merkel-Polizei hat sich aber schon so schnell gedreht, dass die Überschrift dieses Interviews mit seinem Inhalt nichts zu tun hat. Während Kizilhan darauf hinweist, dass er sich wegen der Zusammenarbeit des Projektes nicht vorstellen kann, dass die Polizei nichts unternommen habe, wird ihm in der Überschrift der Vorwurf in den Mund gelegt: „Traumatologe zu IS-Sklavin: „Für mich ist nicht nachvollziehbar, wie die Polizei reagiert hat“

Ein Video-Interview mit Ashwaq T, welches die auch der KDP nahe stehende Plattform, Rudaw, veröffentlichte, passt dann auch nicht mehr zu dem verbreiteten Gerücht.

 

Peiniger in der Nachbarschaft

Zwar titelt Rudaw: „Yezidi girls will leave Germany if ISIS stalkers walk free, survivor warns Merkel”. Die junge Frau sagt es in dem Interview so aber nicht. Sie erhebt auch nicht den Vorwurf, nicht ernst genommen worden zu sein. Sie meint auch nicht, die Polizei habe behauptet, sie könne nichts machen, weil der Häscher auch Flüchtling sei. Sie hat schlicht Angst vor dem IS. Sie habe alles, was sie über den Mann weiß, berichtet. Die Polizei habe ihr gesagt, sie tue was sie könne. Er würde sofort verhaftet, wenn man ihn ergreife. Im Moment sei er nicht identifizierbar. Nach einem Monat habe die Polizei – aus ihrer Sicht – jedoch nichts weiter gemacht, daher sei sie aus Angst zurück zu ihrer Familie in den Irak gegangen, schließlich wähnte sie ihren Peiniger unmittelbar in ihrer Nachbarschaft.

Germany never failed helping us Yezidi women and girls. (…)

Ashwaq, what’s your message to the German police or justice authorities?

I want them to catch those men and kick ISIS out of Germany. If tomorrow Yezidi girls get abducted, who would know who did it? I know many Yezidi girls have seen their ISIS captors in the supermarket, on the train and train stations. I sacrificed myself for all those girls freed from ISIS. I said we are now free and reached this country but ISIS was still there and perhaps planning to kidnap us.

Das Anliegen ist sicher berechtigt. Möglich ist es, dass ein Häscher des IS nach Deutschland geflohen ist, um hier als Flüchtling auszugeben. Möglich ist es aber auch, dass ihre Wahrnehmung auf Grund ihrer Traumatisierung schlicht gestört ist. Es wäre schon ein großer Zufall, wenn ihr Häscher ebenfalls als Flüchtling ausgerechnet nach Schwäbisch Gmünd gekommen ist. Noch unwahrscheinlicher, dass die Häscher mehrerer Mädchen alle dort an Bahnhöfen und in Supermärkten herumlaufen und ihren Gefangenen von früher dauernd begegnen – wobei keiner offenbar je übergriffig wurde. So weißt Michael Blume, der inzwischen Antisemitismusbeauftragter ist und das Projekt in Baden Württemberg mit aufgebaut hat, zu Recht darauf hin:

Natürlich kenne ich Ashwaq, wir haben sie aus dem Irak geholt. Und wie viele andere traumatisierte Frauen und Kinder soll man ihre Aussagen einerseits ernstnehmen, ihr aber vor allem auch Ruhe und Sicherheit geben.

Wer mit traumatisierten Menschen arbeitet – oder sich für Psychologie auch nur interessiert – weiß: Starke Ängste können jahrelang immer wieder auftreten, Erinnerungen können sich leicht verzerren. Dennoch und deswegen haben wir von Anfang an mit der deutschen Landes- und Bundespolizei vereinbart, dass jede Aussage aufgenommen und ernstgenommen, jede Spur ermittelt wird. Diese Frauen und Kinder sind Zeuginnen eines Genozids und wenn es durch alle Aussagen gelingt, die Ängste in den Griff zu bekommen und auch nur einen Täter zu identifizieren und weltweit zu verfolgen – dann soll es geschehen! Und so geschieht es. (…)Ashwaqs Angaben enthalten Sprünge, beginnend schon bei falschen Daten. Sie wurde von der Landespolizei angehört, aber konnte den IS-Peiniger nicht eindeutig identifizieren. Dennoch nimmt man sie ernst, ermittelt weiter, bietet ihr sogar eine sichere Wohnung an und schaltet die Bundesanwaltschaft ein. Die Polizei und die Stadt Schwäbisch Gmünd haben m.E. vorbildlich gehandelt. Aber das alles interessiert viele im Internet nicht. Im Internet “lohnen” sich Skandalisierung und Emotionalisierung.

 

Forschungen zur Aussagepsychologie

Diese Erkenntnisse sind nicht neu. Die Forschung zur Aussagepsychologie zeigt seit Jahren wie leicht sich Erinnerungen verfälschen. Dies kann viele Gründe haben. Gerade traumatisierte Menschen sind in ihren Erinnerungen besonders instabil. Suggestion durch Befragung ist eine häufige Quelle falscher Erinnerung. So machte die Aussagepsychologin Elizabeth Loftus Experimente, in denen sie Personen einreden ließ, sie hätten einen Computerabsturz verursacht, indem sie einen Knopf gedrückt hätten, den sie in Wirklichkeit nie angefasst hatten. Die Probanten entwickelten Schuldgefühle und produzierten in ihren Erinnerungen Begründungen und Ereignisse, die zum Drücken des Knopfes geführt haben, die es nie gab. ( vgl.: Falsche Erinnerungen, Spektrum der Wissenschaft 1-1998, Seite 63ff https://www.spektrum.de/magazin/falsche-erinnerungen/823559) Es ist nicht unvorstellbar, dass eine traumatisierte Person, die real von ihren Erinnerungen geplagt wird und diese immer wieder durchläuft, Ereignisse wahrnimmt, die es so nicht gab. Öffentlicher Druck und Skandalisierung kann dazu führen, dass solche Personen ihren Status als Opfer nicht mehr verlassen können. Statt die Tat gegen sie als singuläre Schädigung zu sehen, werden sie gezwungen im Lichte der Öffentlichkeit das hilfsbedürftige Opfer zu bleiben.

 

Politik mit Opfern

Zudem: Mit Opfern lässt sich Politik machen. So machen es die Kommentatoren, die ohnehin schon wissen was los ist. Die Geschichte der Ashwaq T., wie sie sie hören wollen, sehen sie nur als weiteren Beweis für die Schwäche des deutschen Staates, der angeblich unwillens und unfähig ist, gegen den Islamismus vorzugehen. Sie verstecken sich hinter Opfern, um die sie  öffentlich trauern wollen, um die nationalen Reihen gegen die angeblich letztlich sie bedrohende Gewalt der Fremden zu schließen. Es scheint umso praktischer, wenn ihr Opferlamm inzwischen nicht mehr in Schwäbisch Gmünd oder auf der Kölner Domplatte sondern wieder im vermeintlich fernen Irak sitzt, so dass man sich diesem auf keinen Fall mehr auseinandersetzen muss.

Um beim Zitieren zu bleiben sei hier auf den Essay Wahnsinn und Methode – die Alzheimerisierung der öffentlichen Meinung des Schweizer Psychoanalytikers von Peter Schneider von 1993 verwiesen. Er schreibt vorausahnend zu den Sozialen Medien von heute in denen die Sphären von privat, politisch und öffentlich verschwommen sind:

Die Opferparadigmen sind das letzte Rückzugsgebiet radikaler Weltanschauung; hier läßt sich wie nirgends sonst exemplifizieren, daß das Private politisch und das Politische privat ist. Der Opferdiskurs braucht Vergewaltiger und Kinderschänder wie die Ayatollahs den Satan Amerika: als Inkarnation des Bösen und als Waffenlieferant. Jede Relativierung, jede Mehr- und Uneindeutigkeit, jeder Widerspruch ist des Teufels und jeder Hinweis darauf ist Opferlästerung und kann nur der Komplizenschaft mit dem Verbrechen dienen. (Die Opfer erbrechen ihr Schweigen, in: s. o. S. 78 f.)

Insofern scheint es denen, die jetzt die Geschichte der aus Deutschland nach Irak geflohenen Yesidin verbreiten, nur um sich selbst zu gehen. Es geht ihnen darum, einer Gemeinschaft der Guten anzugehören. Sie wollen als Ausweis der Zugehörigkeit, die Trauer um Opfer zu denen sie keinerlei Bezug haben. Ihre Geschichten sind wie der liturgisch ewig wiederholte Leidensweg Christi, nur jeweils eine neue Märtyrergeschichte, mit der sie das bestätigen können, was sie schon wissen: Der Feind ist böse, wir müssen zusammenhalten und uns vor Verrätern schützen. Wie ein Ei dem Anderen gleichen sich hier die, die meinen, man dürfe ja über die Opfer des Islamismus weder sprechen noch trauern, mit denen, die im Rahmen von MeToo meinen, eine anzügliche Bemerkung sei eine Vergewaltigung. Vieldeutigkeiten, Personen oder Widersprüche sind ihnen gleichgültig, da diese nur dabei stören, sich selbst als Kämpfer in der letzten Festung der Menschheit im Sturm der Barbarei zu inszenieren. Dabei sind sie schon mitten im Freund-Feind Denken eines Carl Schmitts.