Freitag, 03.05.2019 / 22:54 Uhr

FES: Am runden Tisch

Von
Andreas Benl

Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) Sachsen hat den deutsch-israelischen Schriftsteller Chaim Noll kürzlich von einer geplanten Veranstaltung in Leipzig wieder ausgeladen. Eine öffentliche Stellungnahme der Friedrich-Ebert-Stiftung gibt es zu dem Vorgang und seinen Gründen nicht, lediglich ein „Statement in Reaktion auf die mediale Debatte um die Haltung der FES zu Chaim Noll“, in dem bedauert wird, "dass ausgelöst durch einen Artikel in der Jerusalem Post insbesondere in den sozialen Medien eine teilweise unsachliche Debatte um unsere Haltung zu dem israelisch-deutschen Autoren Chaim Noll entstanden ist" und dass man selbstverständlich gegen jeden Antisemitismus und zu Israel stehe.

Laut Noll wurde er wegen seiner Kritik an Israelfeindschaft und Unterstützung des iranischen Regimes durch die deutsche Außenpolitik ausgeladen, der lokale FES-Vorsitzende Matthias Eisel habe erst post festum eine Erklärung mit Noll-Zitaten nachgeliefert, die ihn für eine Einladung untragbar machen würden. Zitiert wird unter anderem „Deutsche Politiker der herrschenden Parteien sind wie niemand sonst bemüht, das Mullah-Regime im Iran zu stärken, das Israels Liquidierung vorbereitet und die Vernichtung und Vertreibung der dort lebenden Juden“ und „Israel-feindlicher als die anderen deutschen Parteien kann die AfD kaum sein“.

Nun wäre es ein leichtes gewesen, Chaim Noll in öffentlicher Debatte nachzuweisen, dass es mit der angedeuteten Israelfreundlichkeit der AfD keineswegs weit her ist, vor allem dann, wenn es um den Iran geht. AfD-Politiker agitieren nicht nur für Putin und Assad. Es gibt genügend Belege dafür, dass die in einer Zeitung der iranischen Revolutionsgarden veröffentlichte Hoffnung eines deutsch-iranischen Propagandisten, die Islamische Republik habe „als Helfer und Verteidiger der Staatssouveränität Syriens … ein großes Unterstützungspotenzial in der Neuen Rechten“ nicht aus der Luft gegriffen ist und in neurechten Zeitschriften beworben wird.

Das Problem wäre für die FES gewesen, dass eine solche Feststellung gerade nicht (außen-)politische Differenzen sondern Übereinstimmungen der AfD mit dem Mainstream der deutschen Politik in puncto Iran dokumentiert.

Die Friedrich-Ebert-Stiftung zum Beispiel lädt zu ihren wiederkehrenden Iran-Veranstaltungen keine exiliranischen Dissidenten, sondern hauptsächlich Iranregime-Lobbyisten, so vor wenigen Monaten Seyed Hossein Mousavian, der zur Zeit des Berliner Mykonos-Mordanschlags des iranischen Regimes 1992 dessen Botschafter in Deutschland war.

Das neueste, für den 14. Mai 2019 geplante Iran-Roundtable übertrifft diese Einladungspolitik noch. Gleich zwei Experten aus Teheran sind geladen:

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Hassan Ahmadian verteidigt die Gemetzel von Revolutionsgarden und Schiitenmilizen in Syrien als „forward deterrence“ gegen Israel und die USA.

Getoppt wird sein Auftritt noch von Saeed Khatibzadeh, der in seinen Tweets Israel mit Krieg droht, was bei seiner politischen Herkunft nicht verwundert. Khatibzadeh vertritt bei der FES-Veranstaltung den Think Tank des iranischen Außenministeriums „Institute for Political and International Studies“ (IPIS). IPIS organisierte 2006 angeleitet vom damaligen Präsidenten Ahmadinejad die Holocaustleugner-Konferenz „The International Conference On Review of the Holocaust: Global Vision“.

So bleibt bis dato festzustellen: für den Vertreter eines Holocaustleugner-Think-Tanks stehen bei der Friedrich-Ebert-Stiftung die Türen offen, für einen lautstarken jüdischen Kritiker der deutschen Außenpolitik bleiben sie geschlossen.