Dienstag, 09.11.2021 / 17:35 Uhr

Lieber Ägäis als Gaza

Von
Gastbeitrag von Mohammed Altlooli

Arabische Flüchtlinge nach ihrer Ankunft auf Lesbos, Bild: Thomas v. der Osten-Sacken

Trotz aller Gefahren ist die Flucht aus Gaza immer noch besser als ein weiteres Leben unter der Herrschaft der Hamas.

In den letzten zwanzig Jahren, in denen die Palästinenser nach dem Militärputsch von 2007 unter der Kontrolle der Hamas leben mussten, verschlechterten sich die Verhältnisse der Menschen im Gazastreifen weiter und weiter.

Solange bis die Unterdrückung, die Rechtlosigkeit und die Sorge um ihre Kinder, die ohne Arbeit und ohne die geringsten Rechte in den Häusern sitzen, einige junge Menschen, die jahrelang ihr weniges Geld gespart hatten, dazu trieb, sich auf eine Seereise zu begeben, auf der Suche nach einem Leben, das sie im Gazastreifen nicht finden konnten.

Doch auch noch, wenn sie dem Einfluss der Hamas entkommen sind, sind Leid und Gefahr für die Palästinenser aus dem Gazastreifen auf dem Weg in ihr neues Leben noch nicht vorbei. Tausende von ihnen erreichten ihr angestrebtes Ziel Griechenland und Europa mit Schlauchbooten, mit denen sie stundenlang über das offene Meer schippern mussten.

Auch ich war 2019 auf einer ähnlichen Reise nach Griechenland, und trotz aller Gefahren fühlten wir uns hoffnungsvoll als die Meereswellen gegen unser Boot krachten; hoffnungsvoll, weil diese Wellen uns sympathischer waren als unsere palästinensischen Machthaber, die für unser Leben in Gaza verantwortlich sind.

Doch nicht alle hatten so viel Glück: Die Familien derjenigen, die es leid waren, dort zu leben, die in die Türkei geflohen sind und ein kleines Boot bestiegen haben, um Griechenland zu erreichen, werden durch die tragischen Nachrichten vom Untergang dieses Bootes aufgeschreckt. Mit den jungen Menschen sind zugleich ihre Träume von einer besseren Zukunft und die ihrer Familien in Tod und Verlust untergegangen.

Angesichts dessen stellt sich mir die Frage: Hat die Ägäis wirklich mehr Mitgefühl mit der Jugend des Gazastreifens als ihre palästinensischen Machthaber? Und meine Antwort lautet trotz allem: „Ja.“ Das sagen auch die jungen Menschen, die überlebt haben und die, die trotz allem in Gaza weiterhin an Auswanderung denken.

Die Menschen in Gaza fragen nach ihrer Zukunft und der Zukunft ihrer Kinder – und es gibt momentan für sie nur diese eine Antwort.

Beitrag zuerst erschienen auf Mena-Watch