»Prinzipenfestes Anpassen«

Ein Interview mit William Bennett, Trainer der Fußball-Nationalmannschaft Kubas

Der kubanische Nationalsport ist doch eigentlich Baseball?

Durch die WM ist der Fußball in Kuba auch auf der Straße populär geworden. Natürlich wollen wir eine Fußballnation werden. Teil der Strategie nun ist es, unsere Liga zu stärken, eine nationale Meisterschaft mit einem Play-off wurde bereits eingerichtet. Das hat dem kubanischen Fußball Auftrieb gegeben, das Niveau ist gestiegen, talentierte Nachwuchsspieler drängen in die Nationalmannschaft.

Die Mannschaft der Hauptstadt hat gerade die kubanische Meisterschaft für sich entschieden und hat Perspektiven. Generell hat der kubanische Fußball Perspektive. Er vereint nicht nur die lateinamerikanischen Charakteristika, sondern auch afrikanische und europäische - es ist eine gute Mischung, aus der wir einen kubanischen Stil formen wollen.

Und nun versuchen Sie, an die internationale Entwicklung anzuknüpfen.

Die WM war sehr lehrreich und ist hier in Kuba mit großer Begeisterung verfolgt worden. Wir haben weitreichende Möglichkeiten der Weiterbildung. Wir organisieren Jahr für Jahr Seminare mit hochrangigen Trainern aus aller Welt, auch brasilianische Trainer waren des öfteren hier. Diese Erfahrungen wurden gebündelt und an unsere Trainer weitergereicht. Für mich sind alle Schulen wichtig, die lateinamerikanische, die afrikanische und die europäische. Es ist unser Ziel und eines der Charakteristika unser Arbeit, von allen zu lernen.

Ein Schwerpunkt unserer Arbeit liegt in der Nachwuchsförderung. So findet beispielsweise jeden Samstag in der Ciudad Deportiva ein Turnier für die kleinen Nachwuchskicker statt, an dem mehr als 20 Jugendmannschaften aus allen Landesteilen teilnehmen, sie werden dort technisch und taktisch geschult und über Videos mit dem internationalen Niveau vertraut gemacht. Denn natürlich fehlen uns die Ressourcen für Auslandsreisen. Das ist ein klares Manko.

Wo liegen die Stärken und die Schwächen Ihrer Equipe?

Vor acht, neun Jahren hatte der kubanische Fußball seine Stärken im defensiven Bereich, augenblicklich ist das anders. Das liegt auch daran, daß es den Austausch mit den und Reisen in die ehemaligen sozialistischen Länder nicht mehr gibt. Derzeit spielen wir einen offensiveren Stil.

Wo steht Kuba denn momentan auf der Fifa-Weltrangliste?

Ich glaube, wir werden auf Position 89 oder 90 geführt. Unser Ziel ist es, mittelfristig Platz 48 oder 49 zu erreichen. Das geht allerdings nur, wenn wir mehr internationale Erfahrung sammeln, Turniere bestreiten, uns weiterentwickeln. Durch mehr Austausch und mehr Spiele auf internationaler Ebene wollen wir uns zunächst in der karibischen Spitze festsetzen, danach im zentralamerikanischen Fußball, um dann zum internationalen Niveau aufzuschließen.

Dürfen kubanische Spieler denn jetzt im Ausland kicken?

Bis jetzt kann ich Ihnen keine befriedigende Antwort geben. Es laufen Verhandlungen, wie beim Volleyball sollen Verträge aber wohl Spielergruppen umfassen. Über Gespräche sind wir noch nicht hinausgekommen. Derartige Vereinbarungen müssen zuerst einmal dem kubanischen Fußball zugute kommen, unsere Türen sind aber offen.

Es ist neu, daß Kuba so pragmatisch mit dieser Frage umgeht - früher war das kaum denkbar.

Ich glaube, daß dies mit der momentanen Situation zu tun hat. Wir müssen uns der Welt anpassen, uns integrieren, ohne unsere Prinzipien aufzugeben. Wir müssen die Möglichkeiten neu ausloten, um unseren Fußball zu verbessern, den neuen Kontext analysieren und darauf reagieren.

Da haben Sie wohl mit ganz besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen?

Bis jetzt nicht. Ich erhalte viel Unterstützung und bin ganz zuversichtlich. Natürlich haben wir Materialprobleme und nicht alle Möglichkeiten, was eng mit der Blockade durch die USA zusammenhängt. Wie bemühen uns daher, das wichtigste Equipment hier herzustellen, aber natürlich fehlt es uns an Trikots, an Schuhen usw., aber wir machen trotzdem ganz erfolgreich unsere Arbeit.

Gibt es überhaupt geeignete Fußballstadien?

Das Pedro Marrero in Havanna erfüllt internationale Ansprüche und es gibt ein weiteres Stadion, das diese Ansprüche leidlich erfüllt. Normalerweise spielen wir aber auf Baseballplätzen, das ist nicht ideal, aber so ist es nun einmal. Das liegt natürlich daran, daß Neubauten viel Geld kosten würden, Geld, das wir nicht haben.