Irans Präsident Khatami auf Werbetour in Italien

Basar unter Strom

Die Islamische Republik Iran ist wirtschaftlich schwer gebeutelt. Und Europa soll aus der Patsche helfen. Deswegen reiste Präsident Ayatollah Mohammad Khatami vergangene Woche nach Italien - zum ersten offiziellen Besuch eines iranischen Präsidenten in einem westlichen Land. Der Reform-Islamist will so seine Politik der wirtschaftlichen Öffnung zur Stärkung der absoluten Herrschaft der Geistlichen fortsetzen.

Selbst die traditionellen islamistischen Rivalen Khatamis unterstützen teilweise die Politik Khatamis und votierten in der islamischen Ratsversammlung Majlis dafür, daß seit Anfang des Jahres auch Joint Ventures, an denen ausländische Unternehmen mit mehr als 50 Prozent beteiligt sind, möglich sind. De facto ist damit ein wirtschaftliches Gebot des Ayatollah Khomeini aufgehoben, nach dem die Islamische Republik mindestens 51 Prozent jedes Joint Venture kontrollieren mußte.

Die ersten, die davon profitieren, sind die Mineralölkonzerne Elf-Aquitaine und Eni, die bereits am 1. März einen Vertrag zur Erschließung des Doroud-Ölfeldes mit der Regierung in Teheran unterzeichneten. An dem Vorhaben sind die französische Elf-Aquitaine mit 55 und die italienische Eni mit 45 Prozent beteiligt.

Mit diesem Vertrag gelang Khatami schon vor seiner Italienreise ein wichtiger Erfolg. Denn er möchte der von den USA forcierten wirtschaftlichen Isolation des Iran, der nach einem Bericht der Financial Times mit 23 Milliarden US-Dollar im Ausland verschuldet ist, entgegenarbeiten - und das mit Erdöl. Denn vier Fünftel der iranischen Staatseinnahmen sind Gewinne aus dem Erdölgeschäft. Deswegen unterstützt die iranische Führung auch die Strategie anderer Ölförderländer, die Produktion zu drosseln, um die Preise auf dem Weltmarkt in die Höhe zu treiben. Zugleich will Khatami den Iran auch als Transferland etablieren. Durch die Islamische Republik, erklärte er vergangene Woche in Italien, führe die beste und sicherste Transportroute für Öl aus Zentralasien, und sie spiele deshalb eine besonders wichtige Rolle für den Westen.

Mit "dem Westen" meint Khatami hauptsächlich Westeuropa. Denn die USA bemühen sich bei der Suche nach einer Transportroute für das Öl aus Zentralasien in erster Linie darum, den Iran zu umgehen. Die europäische Offenheit für den Iran und das Engagement europäischer Firmen stößt in den USA auf Unverständnis, weil damit die Regierung in ihrer islamistischen Politik bestärkt werde. Insofern dürften die von Khatami vergangene Woche als notwendig für die weitere Entwicklung des Landes bezeichneten Technologie-Importe wohl kaum aus den USA kommen - schließlich hält Washington auch gegenüber dem Reformislamisten Khatami an seiner Sanktionspolitik gegen den Iran fest und hat Rußland wegen des Baus eines Reaktors angegriffen.

In der EU - und insbesondere in Italien - verhält man sich dazu anders. Ministerpräsident Massimo D'Alema und Außenminister Lamberto Dini besuchten im vergangenen Jahr Teheran, gefolgt von anderen EU-Politikern. Im vergangenen Jahr war Italien mit einem Handelsvolumen von umgerechnet über 3,5 Milliarden Mark der wichtigste Wirtschaftspartner des Iran. Und im letzten Herbst übernahmen italienische und französische Banken die Garantie für Kredite in Höhe von 2,8 Milliarden Mark an Banken und Versicherungen im Iran. Schon im September konnte der Iran seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber deutschen Banken nicht mehr nachkommen, sondern lediglich zehn Prozent der zu diesem Zeitpunkt fälligen Beträge zur Rückzahlung aufbringen. Dennoch sollen Geschäfte mit dem Iran auch weiterhin durch Hermes-Bürgschaften abgedeckt werden.

Für den italienischen Stromkonzern Il Ansaldo Power Company scheint mit Khatami die Ära der islamistischen Herrschaft bereits vorbei zu sein: Er will zwei Kraftwerke mit einer Stärke von 325 Megawatt im Iran aufbauen. Der Vertrag war bereits vor 1979 geschlossen und nach der Machtübernahme Khomeinis ausgesetzt worden.