Sfor besetzt die Herzegovacka Banka in Bosnien

Bewaffnete Beweisaufnahme

Infrastruktur zerstört - Etappenziel erreicht. Im zweiten Anlauf gelang dem militärischen Arm der internationalen Bosnien-Verwaltung Anfang vergangener Woche doch noch, was 14 Tage zuvor am Widerstand bewaffneter Bewohner Mostars gescheitert war: die Stürmung der von bosnisch-kroatischen Separatisten als Geldwaschanlage und finanzielle Schaltzentrale genutzten Herzegovacka Banka. Die Maßnahme, so ein Sfor-Sprecher nach der Aktion, habe der Sicherung von Unterlagen gedient, die die Verwicklung der bosnischen Banker in Korruption und Bestechung beweisen sollen. Gut gebrüllt, Nato! Schließlich könnte sich die kriegerische Übernahme des Geldinstituts am Ende noch als Pyrrhus-Sieg für die Verwalter des Nato-Protektorats erweisen.

Denn mit der generalstabsmäßig geplanten Operation - alle Zufahrten nach Mostar waren vorher von Panzern der Sfor verriegelt worden, etliche Pkws sowie Büros gingen beim Sturm auf das Geldinstitut in Flammen auf - dürften die militanten Internationalisten ihren letzten Kredit bei der Bevölkerung der Herzegowina verspielt haben. Die Konten Tausender Kleinanleger sind auf Anordnung des Hohen Repräsentanten, Wolfgang Petritsch, bis auf weiteres gesperrt, Rentner und Sozialhilfeempfänger müssen auf ihre ohnehin mageren Überweisungen warten, bis die staatlichen Behörden neue Finanzträger gefunden haben.

Zudem nützt die rabiate Art der angeblichen Beweiserhebung gegen die Sezessionisten der Kroatischen Demokratischen Bewegung (HDZ) nicht zuletzt Petritsch selbst. Zählten seit der Unterzeichnung des Vertrages von Dayton im Jahre 1995 doch vor allem ausländische Hilfsagenturen und die Uno zu den Kunden der Bank, die auf diesem Weg möglichst tiefen Einblick in das Finanzsystem ihrer lokalen Geschäftspartner gewinnen wollten. Dass der Österreicher Petritsch als oberster ziviler Protektor nun der HDZ vorwirft, sich mithilfe der Bank neben der politischen auch die ökonomische Hegemonie in der Herzegowina gesichert zu haben, fällt letztlich auf ihn selbst zurück. Denn wie vor ihrer Pleite die Bank von Bosnien-Herzegowina, zählte die Herzegovacka Banka zu den Lieblingseinrichtungen der so genannten internationalen Gemeinschaft, die ihre Einlagen erst zurückforderte, als die Gelder nicht bei den vorgesehenen Empfängern landeten.

Ein weiterer Grund für das harsche Durchgreifen Petritschs könnte darin liegen, dass die Weigerung der bosnischen Kroaten, die gesamtstaatlichen Institutionen mitzutragen, inzwischen auch handfeste finanzielle Folgen für die internationalen Investoren hat. Während in der Republika Srpska - neben der muslimisch-kroatischen Föderation bildet sie die zweite Entität des Landes - die von der Protektoratsverwaltung geforderte Privatisierung der Banken weitgehend abgeschlossen ist, wehren sich die Geldinstitute in der HDZ-dominierten Herzegowina weiter gegen den Ausverkauf an ausländische Träger. So konnte die im Bankengewerbe auf dem Balkan führende österreichische Raiffeisen-Bank insgesamt zwar zehn Zweigstellen in Bosnien eröffnen, sich in der Herzegowina bislang jedoch nicht etablieren.

Dabei liegt die Ursache für die widerspenstige Haltung der kroatischen Chauvinisten nicht zuletzt im Vertrag von Dayton selbst. Schließlich waren es die internationalen Vermittler, die die Führer der Kroaten und der Muslime zur Bildung der muslimisch-kroatischen Föderation zwangen, um so Bosnien als Gesamtstaat zu retten. Dass Petritsch & Co. die nationalistischen Zentrifugalkräfte nun nicht mehr unter Kontrolle halten, macht weitere Aktionen wie den Sturm auf die Bank umso wahrscheinlicher. Hatte Petritsch nicht schon 1999 bei den Verhandlungen von Rambouillet, wenn auch in anderer Funktion, den Fahrplan für das internationale Vorgehen auf dem Balkan entworfen? »80 Prozent unserer Vorstellungen werden einfach durchgepeitscht«, sagte er damals.