Überflüssige Sportbekleidung: Die Badekappe

Nasse Skalps

Bis in die frühen Achtziger sahen Frauen in Schwimmbädern extrem doof aus. Das lag zum größten Teil daran, dass aus unerfindlichen Gründen für sie noch die so genannte Badekappenpflicht galt und die im Fachhandel erhältlichen Modelle allesamt scheußlich waren.

Es gab sie in allen erdenklichen Ausführungen: mit bunten Plastikapplikationen, die wohl Blumen darstellen sollten, mit weißer Kunststoffspitze dran, die sich durch das Chlorwasser bereits nach wenigen Einsätzen ins Matschige verfärbten, mit Bläschen, die »Plop« machten, wenn man sie vor lauter Langeweile in der Warteschlange an der Wasserrutsche zerdrückte. Und, in der fiesesten Ausstattung, mit Haaren drauf.

Eine Dauerwelle vortäuschend, lagen die behaarten Kappen (in den Farben blond, brünett und rötlich) nach Gebrauch auf den Badelaken ihrer durchweg mittelalten Benutzerinnen herum wie nasse Skalps, was bei mit der herrschenden Kleiderordnung in Schwimmbädern noch nicht vertrauten Kleinkindern hin und wieder zu ausgeprägten Panikattacken führte.

Irgendwann jedoch formierte sich im Schwimmbad eine schlagkräftige weibliche Oppostion. Es sei nicht einzusehen, dass die Jungs völlig kappenlos baden dürften, während man selbst nicht nur gezwungen sei, die doofen Mützen zu tragen, sondern sich dadurch auch noch ständig Schmerzen zufüge. Badekappen, vor allem ältere Modelle mit im Laufe der Zeit immer klebriger werdendem Gummirand, rissen ihren Trägerinnen beim Abnehmen nämlich einige Haare aus, zudem hinterließen sie undekorative rote Ränder auf der Stirn.

Die mit dem gesammelten Frauenzorn konfrontierten Bademeister standen meist ratlos am Beckenrand. Brachten sie das Argument, Badekappen müssten wegen der langen Haare getragen werden, zeigten die Rebellinnen auf den ortsansässigen Althippie. Verlegten sie sich auf kosmetische Gründe und erzählten Schauergeschichten über Frauen, die als Blondinen ins Becken sprangen und als Grünhaarige wieder herausstiegen, ernteten sie Unverständnis bei den weiblichen Badegästen, die ihre Haare dem Zeitgeist entsprechend ätzgrün oder quietschrot gefärbt trugen.

Zeigten sie sich als Konservative und erklärten sinngemäß: »Das ist, das war und das bleibt«, liefen sie Gefahr, sich nur wenige Tage später auf einer hastig einberufenen Gemeinderatssitzung verantworten zu müssen. Weil Bademeister grundsätzlich am liebsten ihre Ruhe haben, wurde das Badekappendekret schließlich in allen Schwimmbädern abgeschafft.

Dass die hässlichen Kopfbekleidungen heute lediglich noch von professionellen Schwimmern getragen werden, hat vielerlei Gründe. Zum einen reduziert die Kappe den Wasserwiderstand, zum anderen hat sie eine wärmeisolierende Wirkung und hilft gegen die so genannten Schwimmerohren, vulgo Außenohrentzündungen.

Aber auch im Amateurbereich ist die Badekappe nicht ganz erledigt, deswegen ist weiterhin Wachsamkeit angebracht. Noch 1998 urteilte ein Amtsrichter in Bad Homburg, dass einer Urlauberin auf Mallorca, deren Haare sich wegen eines zu hohen Chlorgehalts im Wasser des Hotelpools grün verfärbt hatten, kein Schmerzensgeld zustehe. Da sie ohne Bademütze schwimmen gegangen sei, trage sie »ein Mitverschulden« (AZ: 2 C 109/97-10).

Der Richter hatte sich zweifellos sein Jurastudium als Bademeister während der Zeit der großen Kappenaufstände verdient und sah nun die Zeit der Rache gekommen.