Gelb für die Welt

Die Deutsche Post will ein global player werden. Selbstverständlich auf Kosten der Beschäftigten. von corell wex

In einem Werbespot der Deutschen Post AG stapfen Thomas und Christoph Gottschalk als Riesen über die Welt. Das ist ein passendes Bild dafür, wie sich der Konzern im Wirtschaftsleben verhält. Die Menschen sind für ihn so klein, dass er aufpassen muss, sie nicht zu zertrampeln.

Ohne große Diskussion, wie sie etwa bei der Bahn AG stattfindet, läuft die Privatisierung der Deutschen Post AG im Stillen ab. Weltweit die Nummer eins zu werden, das ist das Ziel der Post. Wer möchte nicht ständig so positive Zahlen verkünden wie ihr Vorstandsvorsitzender Klaus Zumwinkel? Im ersten Halbjahr 2003 machte die Deutsche Post AG 19,2 Milliarden Euro Umsatz, der Gewinn stieg auf 650 Millionen Euro. Die gelbe Aktie legte seit Beginn des Jahres um fast 30 Prozent zu.

Ein Grund dafür ist die konsequente Expansionsstrategie, die mit dem Erwerb des Logistikdienstleiters Airborne in den USA und eines Anteils von fünf Prozent der staatlichen chinesischen Post Sinotrans ausgeweitet werden soll. In den vergangenen Jahren übernahm die Deutsche Post AG schon Anteile in Skandinavien, 1998 kaufte sie die Schweizer Logistikfirma Danzas, im Jahr 2001 das US-amerikanische Unternehmen DHL, das gerade zur globalen Marke »rebranded« wird, wie es in der Unternehmersprache heißt.

Die Deutsche Post hat aber auch Probleme. So zieht sich der Kauf von Airborne in den USA länger hin als erwartet, weil die US-Konkurrenten FedEx und UPS alle juristischen Geschütze auffahren. Besonders wichtig sind dabei die Beteiligungen an Luftfahrtlinien, die zu Logistikfirmen gehören. Denn wenn 25 Prozent der Aktien eines US-amerikanischen Luftfahrtunternehmens in ausländischer Hand sind, gilt es nicht mehr als inländisch. Und das bringt Nachteile etwa bei den Landerechten mit sich.

Die Deutsche Post verkaufte daher ihre Beteiligung an DHL Airways und versucht nun das gleiche mit den Luftfahrtanteilen von Airborne, die an die Aktionäre veräußert werden sollen. Letztlich entscheidet das US-Verkehrsministerium über eine Genehmigung, und es ist der Deutschen Post durchaus freundlich gesinnt, wie die Vergabe des Auftrags für die Zustellung der amerikanischen Militärpost im Irak deutlich zeigt.

Am Ende ist die strategische Aufstellung der Mühe wert. Denn durch eine Übernahme des Landtransportnetzes von Airborne kann die Post die direkte Lieferung von Waren an die Kunden in den USA ausbauen. Derzeit bietet die Post über ihre Tochter DHL in den USA vor allem Transporte per Flugzeug an, bei den günstigeren Bodentransporten hat sie bislang das Nachsehen gegenüber Konkurrenten wie UPS oder FedEx.

Zumwinkel hätte gerne noch größere Gewinne und Fortschritte verkündet. Die gesetzlich erzwungene Portosenkung in Deutschland aber bescherte der Post einen Verlust von 140 Millionen Euro. Dabei ist die Briefsparte mit einem Umsatzanteil von über 60 Prozent noch immer der gewinnträchtigste Teil des Unternehmens, er bleibt bis ins Jahr 2007 ein Monopol.

Bevor dann die Konkurrenten auf den Markt drängen, versucht die Post, sich zu diversifizieren und zu internationalisieren. So ist für Zumwinkel der »Internethandel für Logistiker hoch interessant«. Die Post schloss eine Exklusivvereinbarung mit Amazon, nur sie liefert die Päckchen des Internethändlers aus. Auch der Paketversand von Ebay, den hauptsächlich die Deutsche Post abwickelt, schlage positiv zu Buche, sagte ein Unternehmenssprecher der Jungle World.

Mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi gibt es inzwischen auch keine Probleme mehr. Denn Verdi unterstütze die Weltmarktstrategie, wie Rolf Büttner, der Bundesfachleiter Post und Logistik bei Verdi, betont. Etwa mit einem Beschäftigungspakt, der der Post allein in diesem Jahr 100 Millionen Euro Ersparnis bringt. Die Streichung zweier arbeitsfreier Feiertage, des Heiligen Abends und Silvesters, macht es möglich.

Zudem lässt die »Flexibilität« des Beschäftigungspaktes zu, dass 48 Stunden in der Woche gearbeitet werden kann. Das findet auch Rolf Büttner gut, denn schließlich habe man Arbeitsplätze erhalten können, sogar bis 2008. »Man muss das Geld erst erwirtschaften, das man dann verteilen will«, sagt er. So werden Niederlagen schöngeredet. Schließlich sei ja in den heutigen Zeiten der Erhalt des Arbeitsplatzes das Wichtigste, wie der Sprecher der Post, Schäfer, treffend ergänzt.

Doch die Jobs würden immer schlechter bezahlt, beklagen die kritischen Aktionäre der Deutschen Post AG. Bekam früher ein Beschäftigter 33 000 Euro im Jahr, so sind es jetzt nur noch schlappe 22 000. Der Gewerkschafter Büttner jedoch winkt ab, schließlich gelte diese Regelung nur für die neu Eingestellten und sei ein »Extremfall«.

Aus Sicht der kritischen Aktionäre nimmt mit dem Kostensenkungsprogramm der Post, Star genannt, der Druck auf die Beschäftigten zu, immer mehr in immer kürzerer Zeit zu schaffen. Mit Star will die Post bis 2005 ihren Ertrag um 900 Millionen Euro steigern. Das Programm umfasst so unterschiedliche Maßnahmen wie die Schließung von Filialen, die Vereinheitlichung der Informationstechnik oder die Verbesserung des Einkaufsmanagements. Nachdem sehr zum Leidwesen der Kunden in den vergangenen Jahren schon viele Fillialen abgebaut wurden, sollen nun nochmals 800 geschlossen werden. Am Ende bleiben nur die gesetzlich vorgeschriebenen 12 000 Filialen in ganz Deutschland.

70 Prozent davon werden für die Post AG von Postagenturen geführt, die sich zuletzt über Knebelverträge beschwerten, die ihnen Gewinneinbußen bis 35 Prozent einbrächten. Nun versucht ein neu gegründeter Verband der Postagenturnehmer mit der Post darüber zu verhandeln.

Doch die Deutsche Post AG übt weiter Druck in alle Richtungen aus, um den ehrgeizigen Plan, Weltmarktführer zu werden, zu verwirklichen. Die nächste Gelegenheit zur Expansion ergibt sich vielleicht in Österreich oder auch in Dänemark, wo die staatliche Post privatisiert werden soll. Und während die Beschäftigten froh sind, überhaupt noch einen Job zu haben, die Kundschaft in kleinen Orten über abgehängte Briefkästen und verschwundene Fillialen klagt, verdient der Vorstand Geld mit Optionen auf die gelbe Aktie. So ist es nur konsequent, dass die Forderung der vom Bundesjustizministerium eingesetzten so genannten Cromme-Kommission nach Offenlegung der Vorstandsbezüge strikt abgelehnt wird.

Dabei hält die Bundesrepublik noch immer 68,3 Prozent der Anteile an der Deutschen Post AG, die deshalb weiterhin ein staatliches Unternehmen ist. Eines, das durch die Mehrarbeit seiner Beschäftigten hoch profitabel geworden ist und wohl gerade deswegen demnächst weiter privatisiert wird.