Nachrichten

Schnitte der Woche VI

Arbeitszeiten. Die SPD ist gar nicht so ungerecht, wie viele denken, denn sie will weiteren Sozialabbau vermeiden. Statt finanzieller Abstriche soll es, den Plänen des SPD-Wirtschaftspolitikers Rainer Wend zufolge, sogar bald Zugaben geben – allerdings nur bei den Arbeitszeiten. Neben einer Verlängerung der Wochenarbeitszeit will die Partei einen oder mehrere Feiertage streichen. Wend will dieses Fass aber erst im neuen Jahr aufmachen.

Forderungen der CDU/CSU zufolge soll es bald auch keinen Feiertagszuschlag mehr geben. Dann hätten Feiertage doch sowieso keinen rechten Sinn mehr. Und die Welt wird auch nicht untergehen, wenn, wie vom Generalsekretär der CSU, Markus Söder, im Münchener Merkur gefordert, jeden Tag eine halbe Stunde länger gearbeitet werde. Er ist der Meinung, die Sache mit der Arbeitszeit müsse überdacht werden. Schließlich entfielen 0,6 Prozent des fürs nächste Jahr prognostizierten Wachstums auf die fünf zusätzlichen Arbeitstage. Im Jahr 2004 fallen nämlich besonders viele Feiertage aufs Wochenende. Das steht jetzt schon fest und ist eine der wenigen schlechten Nachrichten, die nichts mit der Politik der SPD zu tun haben.

Fortsetzung folgt

Humanitäre Verstärkung

GSG 9 im Irak. Die Bundesregierung ist zur »humanitären Hilfe« jederzeit bereit. Seit Mitte September sind vier Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks (THW) mit der Aufgabe betraut, die Trinkwasserversorgung in Bagdad wieder aufzubauen. Dies sei »der Auftakt einer Reihe von Maßnahmen, mit der die Bundesrepublik Deutschland ihren Beitrag zum zivilen Wiederaufbau des Irak leisten wird«, sagte Innenminister Otto Schily damals.

In Folge der zahlreichen Anschläge im Irak, unter anderem auf Mitarbeiter des Internationalen Roten Kreuzes, wurde der humanitäre Hilfseinsatz nun um einige »besonders qualifizierte Beamte des Bundesgrenzschutzes« erweitert, berichtet der Spiegel. Das Innenministerium bestätigte am vergangenen Samstag, Mitglieder der Grenzschutzgruppe 9 (GSG 9) in den Irak entsendet zu haben, um die THW-Mitarbeiter zu schützen. Näheres über den Einsatz der GSG 9, die dafür berühmt ist, auch die schlimmsten Terroristen zur Strecke zu bringen, wurde »aus Sicherheitsgründen« nicht verraten.

Remember Worringen 1288

Anzeige gegen Kardinal Meisner. In einer der letzten großen Reiterschlachten im Jahr 1288 in Worringen, heute ein Stadtteil von Köln, stand der damalige Erzbischof auf der Verliererseite. Er wurde gefangen genommen, verlor seine Macht und die Stadt Köln entwickelte sich nach dem Ende der erzbischöflichen Herrschaft zur freien Reichsstadt.

An dieses für das Rheinland bedeutsame Ereignis erinnert das Schwulen- und Lesbenzentrum in der Kölner Südstadt aus aktuellem Anlass (www.schulz-cologne.de). Der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner verteufelte in einem Vortrag vor der deutschsprachigen katholischen Gemeinde in Budapest Drogensüchtige, Homosexuelle, Terroristen und Wissenschaftsgläubige und forderte, dass »der europäische Mensch diese Gifte ausschwitzen« müsse. Der Vorstand des Kölner Schwulen- und Lesbentages (Klust) stellte Strafanzeige gegen den Erzbischof und will so prüfen lassen, »ob Meisners Verhalten nicht sogar Straftatbestände, in Betracht kommt insbesondere Volksverhetzung, verwirklicht hat«.

Hitlers Reformen

Geschichtsunterricht. »Zählen Sie einige ›gute Seiten‹ des NS-Systems auf!« So lautet eine Aufgabe in dem Schulbuch »Politik heute«. Dem aufmerksamen Schüler werden schnell einige Antworten einfallen, die er im entsprechenden Kapitel gelesen hat: »Beseitigung der Arbeitslosigkeit«, »vielfältige Maßnahmen zur Investitionsbelebung«, »die entfachte Aufbruchstimmung« usw.

Erst der Ausbildungsleiter eines Elektronikbetriebs in Elmshorn im Kreis Pinneberg wunderte sich über das, was seine Auszubildenden in der Berufsschule gelernt hatten. Das Schulbuch aus dem Winklers Verlag Gebrüder Grimm in Darmstadt stammt aus dem Jahr 1981 und gehört seither in vielen Bundesländern zum Unterrichtsmaterial an Berufsschulen und Gymnasien. Wie das Hamburger Abendblatt berichtete, habe der zuständige Lehrer an der Elmshorner Berufsschule versichert, »das fragwürdige Kapitel nur zur Illustration für den Übergang von der Weimarer Republik zur NS-Zeit herangezogen« zu haben. Und der wird in »Politik heute« besonders anschaulich geschildert: »Gleich einem ins Wasser geworfenen Kieselstein zogen die ersten Erfolge Kreise.«

Pause im Schrank

Arbeitsverweigerung. Es gibt Mittel und Wege, sich dem Arbeitszwang zu entziehen, ja, die Lösung liegt näher, als viele denken. Ein Mitarbeiter einer Malerfirma in Rheinland-Pfalz versteckte sich am vorletzten Freitag in seinem Kleiderschrank, weil er keine Lust zum Arbeiten hatte und seine Ruhe haben wollte. Dies teilte er der Polizei in Koblenz mit, die in seine Wohnung eingedrungen war und ihn im Innern des Möbelstücks aufgespürt hatte. Sein besorgter Chef hatte die Polizei alarmiert, um den verschollenen, stets zuverlässigen Mitarbeiter zu suchen.

BDI am Lagerfeuer

Rogowski. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie sitzt wie auf Kohlen. Er will mehr Feuer in der Reformdebatte. Und deshalb sagte Michael Rogowski vor Gästen der Amerikanischen Handelskammer in Stuttgart nach Informationen des Spiegel: »Ich wünsche mir manchmal ein großes Lagerfeuer, um das Betriebsverfassungsgesetz und die Tarifverträge hineinzuwerfen.«

Mit einer »Nazisemantik« habe das nichts zu tun, erklärte seine Pressesprecherin, Olga Wilde, der Jungle World. »Er meint das als Pfadfindertyp.« Doch wie heißt es so schön in den Grundsätzen der Pfadfinder: »Wir erkennen in jedem Menschen unsere Schwester oder unseren Bruder. Wo wir leben, halten wir die Augen offen für Unterdrückung und Benachteiligung.«