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Volles Sparschwein

Arbeitsamt. Zwar ist die Bundesagentur für Arbeit (BA) so frisch wie das neue Jahr, aber sie soll noch frischer, toller und erfolgreicher werden. Deswegen bekommen die beratenden Firmen Roland Berger, McKinsey, Bearing Point, Ernst & Young sowie IBM in diesem Jahr noch ein paar Millionen mehr von der Behörde als im vergangenen, nämlich insgesamt 40 Millionen Euro.

Wer jetzt denkt: »Wer soll das bloß bezahlen?«, dem sei versichert: »Die Arbeitslosen!« Obwohl erst seit dem 1. Januar 2004 Langzeitarbeitslosen jede legale Arbeit zugemutet wird, sind bereits 2003 so viele Zahlungssperren wie nie zuvor verhängt worden. Ihre Anzahl stieg nach Angaben der Berliner Zeitung auf 423 775 Fälle im Jahr, über ein Drittel mehr als im Jahr 2002. Der Anstieg rühre vor allem daher, dass Erwerbslose einen vom Arbeitsamt angepriesenen Job nicht hätten annehmen wollen. Das waren mit etwa 153 000 Fällen im vergangenen Jahr fast dreimal so viele wie im Jahr zuvor.

Ungefähr 100 000 Mal drei Monate à, sagen wir, 500 Euro – da spart die BA jetzt schon einiges mit ihren Fordermaßnahmen. Mit diesem Geld könnte der Vorstandsvorsitzende Florian Gerster neben einigen Mitgliedern der Hartz-Kommission auch noch andere Experten aus Wirtschaft und Politik zur Beratung heranziehen.

Es sei denn, die Arbeitslosen machen ihm alles kaputt und klagen gegen die verhängten Sperren, wie es die Koordinierungsgruppe gewerkschaftlicher Arbeitsloser rät. Ihre Aussichten auf Erfolg sind dabei gar nicht so schlecht.

Knüppel frei

Polizeigewalt. Der Polizei haben die Ergebnisse der neuen Studie von Amnesty International (AI) nicht so besonders gefallen. Nach dem in der vergangenen Woche veröffentlichten Bericht seien in den vergangenen Jahren in Deutschland zahlreiche Menschen Opfer brutaler Übergriffe durch Polizeibeamte geworden. Auf 47 Seiten dokumentiert die Menschenrechtsorganisation 20 exemplarische Fälle, in denen Beamte die Grundrechte verletzt und Gefangene willkürlich misshandelt hätten. In Einzelfällen habe die Anwendung unverhältnismäßiger Gewalt sogar tödliche Folgen gehabt. Außerdem sei die Anzahl der Opfer ausländischer Herkunft überproportional hoch.

Amnesty International kritisierte, dass Anzeigen gegen gewalttätige Polizeibeamte nur selten zu einer Verurteilung führten. Die beschuldigten Beamten reagierten stereotyp mit Gegenanzeigen, wobei ihnen meist eine höhere Glaubwürdigkeit zuerkannt werde als den Opfern. Die Organisation forderte deshalb ein unabhängiges Kontrollgremium zur unparteiischen Aufklärung von Misshandlungsvorwürfen.

Die Polizeigewerkschaften verwahrten sich gegen die Kritik. »Wer derartige Vorwürfe nur auf Aussagen angeblich Betroffener stützt und dabei rechtskräftig abgeschlossene Gerichtsverfahren ignoriert, handelt populistisch«, sagte der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Wolfgang Speck. Man darf gespannt sein auf einen neutralen polizeilichen Gegenbericht.

Alles für alle

Besetzung. Einige Aktivisten hierzulande scheinen die Vorgänge in Frankreich im vergangenen Jahr ausführlich studiert zu haben. Denn sie bedienen sich französischer Mittel. Am Dienstag vergangener Woche stürmten rund 100 Personen das Gelände des Norddeutschen Rundfunks (NDR) in Hamburg, und zwar abends um 20 Uhr. Ziel der Aktion war es, die Ausstrahlung der Tagesschau zu stören.

Das gelang ihnen zwar nicht, doch einige der Protestler schafften es in den neunten Stock des Gebäudes, wo sie Transparente entrollten, u.a. war die Forderung »Alles für alle« zu lesen. Die Aktion richtete sich »gegen die antisozialen Maßnahmen des Hamburger und Berliner Senats und der Bundesregierung«. In einer Erklärung hieß es: »Die Protestierenden wollen keinen Kapitalismus mit menschlichem Antlitz, da sie davon überzeugt sind, dass es einen solchen nicht geben kann.«

Der Tagesschau wurde vorgeworfen, Protestaktionen totzuschweigen, es handele sich um eine »Form staatlicher Zensur«. Die Sendung sei »das offizielle Verlautbarungsorgan eines kapitalistischen Staates«. Was lernen wir daraus? Öfter mal Glotze ausschalten! Vive la méthode française!

Der Pate bürgt

Zuwanderung. Bekanntlich herrscht in Deutschland hinsichtlich der Staatsbürgerschaft nach wie vor das Blutsrecht. Wer deutsche Vorfahren hat, ist in diesem Land willkommen, auch wenn er oder sie für die deutsche Wirtschaft nicht »brauchbarer« ist als andere MigrantInnen. Nun sollen die Deutschen mit anpacken, wenn es darum geht, den »Neubürgern« die deutsche Leitkultur zu vermitteln. Ehrenamtlich, versteht sich.

Der Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung, Jochen Welt, schlug vergangene Woche auf einer Feier in Hamm vor, die Bürger könnten Patenschaften für Zuwanderer übernehmen und sie bei ihrer »schulischen, sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und beruflichen Eingliederung in unsere Gesellschaft begleiten«. Vor allem auf den Integrationswillen sollen die neuen Patenonkel und Patentanten ein Auge haben: »Integration setzt auch Integrationswillen und Eigeninitiative der Zwanderer voraus. Das kann mit Fug und Recht verlangt werden: Wer fördert, kann auch fordern.« Schließlich sind Taufpaten auch nicht nur dazu da, zu Weihnachten und am Geburtstag Geschenke zu schicken.

Ausgetreten!

Parteien. Genervt von Schröder und Clement, Hartz und Rürup, Zuzahlung hier und Kürzung dort? Sie sind nicht allein! Wie der Spiegel berichtete, musste die SPD im vergangenen Jahr einen Rekordschwund an Mitgliedern hinnehmen. Über 43 000 Personen kehrten der Partei den Rücken. Das sind zwar 650 000 zu wenig, aber immerhin, die größte Austrittswelle seit 50 Jahren bringt die Regierungspartei in finanzielle Schwierigkeiten. Die SPD-Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier sagte der Welt am Sonntag, man könne bei der Bezahlung der FunktionärInnen nun »nicht mehr so großzügig sein« wie bisher.