Construction Time Again

Trotz der strikten Vergabekriterien der USA für Aufträge zum Wiederaufbau kehren deutsche Unternehmen in den Irak zurück. von karl tachser

Für Klaus Friedrich vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) ging es darum, »Flagge zu zeigen«. Gemeinsam mit der Köln Messe International hatte der Außenwirtschaftsvertreter des VDMA im Januar den Auftritt von 55 deutschen Unternehmen auf der kuwaitischen Wiederaufbaumesse »Rebuild Iraq 2004« organisiert, dem bislang ehrgeizigsten Versuch, ausländischen Unternehmen den Zugang zum 25 Millionen Kunden starken Markt im Nachkriegsirak zu eröffnen.

Doch aus Sicht der deutschen Veranstalter war die Messe ein Flop. Nur eines von 35 vom VDMA befragten Unternehmen gab an, einen Vertrag geschlossen oder einen Auftrag erteilt bekommen zu haben. Und das, obwohl auf dem Messegelände an der Peripherie der kuwaitischen Hauptstadt mit mehr als 1 500 Anbietern aus über 50 Ländern alles vertreten war, was weltweit Rang und Namen hat.

Aus Deutschland zeigten neben vielen mittelständischen Unternehmen aus der Baubranche auch ABB, Deutz, Daimler-Chrysler, Siemens und Thyssen-Krupp Präsenz, was ein deutliches Zeichen dafür ist, dass trotz der rigiden Vergabepolitik der vom US-Amerikaner Paul Bremer geführten Übergangsverwaltung (CPA) in Bagdad deutsche Firmen in den Startlöchern stehen, um ihre Anteile an lukrativen Zweitverträgen zu sichern. Nach der Pleite in Kuwait schaut Friedrich mit Spannung einer im April in Bagdad stattfindenden Wiederaufbaumesse entgegen.

Nach vorsichtigen Schätzungen wird der Wiederaufbau im Irak mindestens 60 Milliarden US-Dollar kosten. Allein die Kosten für die Wiederherstellung des Stromnetzes werden auf rund 20 Milliarden Dollar geschätzt. Die Kölner Industrie- und Handelskammer (IHK) schreibt, dass die Hälfte der irakischen Kläranlagen nicht einsatzbereit sei, Ausrüstungen für zehn Staudämme und 500 Großpumpen würden benötigt. Die Messeveranstalter in Kuwait gehen gar von 150 Milliarden Dollar aus, die in den nächsten zehn Jahren aufgebracht werden müssten, um das Land wirtschaftlich wieder in Gang zu bringen.

Einige deutsche Unternehmen sind seit langem im Irak tätig. Der Industrie- und Handelskammer zufolge, hat Hochtief den Flughafen in Basra gebaut, Züblin sei an Staudammprojekten beteiligt gewesen, die Thyssen-Tochter Polysius beim Bau von drei Zementwerken.

Auch Siemens zählt zu den Firmen, die den Kontakt zu Beamten des Regimes von Saddam Hussein nie abreißen ließen. Das zahlt sich zumindest mittelfristig aus, auch wenn zunächst weiterhin die US-geführte Besatzungsbehörde über die Vergabe von Verträgen entscheidet. Siemens führt derzeit Gespräche mit dem US- Baukonzern Bechtel, der neben dem Öldienstleister Halliburton mehr als die Hälfte der von der Regierung Bush vergebenen 18,6 Milliarden US-Dollar schweren Aufträge zum Wiederaufbau einheimsen konnte. Hier könnte Siemens als Zulieferer beim Bau von zwei Kraftwerken tätig werden, möglicherweise unter Beteiligung von Babcock Borsig.

Der Plan, das von der US-Regierung ursprünglich ausgegebene Vergabeembargo gegen Firmen der Antikriegsstaaten »aus der zweiten Reihe heraus« zu umgehen, wie es in deutschen Veranstalterkreisen auf der Messe in Kuwait hieß, scheint aufzugehen. Zudem gibt es Zeichen, dass die Vergabepolitik gelockert wird. So berichtete die International Herold Tribune in der vorigen Woche, dass die USA Firmen aller Länder, auch solcher, die sich nicht am Irakkrieg beteiligten, mit Aufträgen in einer Gesamthöhe von sechs Milliarden US-Dollar beteiligen wollen. Es soll sich dabei aber nach Angaben der US-Regierung um »non-construction contract efforts« handeln, also offenbar nicht um Aufträge, die direkt mit dem Wiederaufbau des Iraks zu tun haben.

US-Präsident George Bush hatte dies unmittelbar nach Kriegsende anders verkündet, was von der New York Times seinerzeit als »bedeutendste Vergeltungsmaßnahme« gegen US-Verbündete eingestuft wurde, die gegen den Irakkrieg waren. Nun begrüßt die deutsche Wirtschaft die Kehrtwende der US-Regierung. »Die Öffnung sehen wir positiv«, erklärte der Referent für den Mittleren Osten beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), Peter Kreutzberger, Anfang des Jahres der Berliner Zeitung.

Deutsche, französische oder kanadische Firmen hatten sich nach einer Regelung des Pentagon in der ersten Vergaberunde nicht als Generalunternehmer für Aufträge bewerben können. Nach dieser Direktive konnten sich an den Ausschreibungen für solche Kontrakte nur Firmen aus den USA, dem Irak und 61 anderen Staaten beteiligen, die als Koalitionspartner Washingtons gelten. Möglich ist seit der Kehrtwende Bushs Anfang Januar nun zumindest die Beteiligung als Subunternehmer.

Das Auswärtige Amt in Berlin betont die guten Chancen mittelständischer Unternehmen, die durch ihre Expertise beim Maschinen- und Anlagenbau Konkurrenten aus den Staaten der Kriegskoalition mittelfristig ausstechen könnten. So berichtete der Spiegel im Januar, dass die CPA sich bereits direkt an deutsche Firmen gewandt habe, unter anderem an Daimler-Chrysler, um Geländewagen zu bestellen, sowie an die Bremer Trasco, die einen Teil des Fuhrparks der US-Truppen panzern soll. Siemens gab wenige Tage vor Messebeginn bekannt, schon im Oktober vergangenen Jahres einen Auftrag für den Aufbau eines von drei geplanten Mobilfunknetzen im Irak erhalten zu haben. Das Geschäft soll einen Wert im zweistelligen Millionen-Euro-Betrag besitzen.

Bis sich die Sicherheitslage im Irak weiter stabilisiert habe, empfiehlt der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) seinen Mitgliedern zunächst als Subunternehmer von großen US-Firmen tätig zu werden, und das vorerst auch nicht im Irak selbst, sondern von den Nachbarländern Jordanien, Syrien oder Kuwait aus. Diese Strategie ist Erfolg versprechend. Mehr als 900 Subunternehmen, schätzt das Economic Forum Deutschland, brauchten die am Wiederaufbau im Irak beteiligten US-Konzerne

Die in Kronberg ansässige Mittelständlerinitiative hat im vorigen Jahr die Taskforce »Wiederaufbau Irak« ins Leben gerufen, um die deutschen Exporte in das Nachkriegsland zurück auf Vorkriegsniveau zu bringen. Bei zehn bis zwölf Milliarden Euro jährlich könnte sich das deutsch-irakische Handelsvolumen nach Schätzung des Economic Forum künftig einpendeln. Warum, erklärt Vorstandsmitglied Paul Dolan so: »Deutsche Firmen sind im Irak gerne gesehen. Zudem sind deutsche Unternehmen als zuverlässige Partner mit hohem technischem Know-how bekannt.« Auch nach den Worten von Michael Knipper vom Hauptverband der deutschen Bauindustrie, sei der Irak »ein klassischer Markt für deutsche Firmen, viele Unternehmen sind dort seit 40 Jahren aktiv«.