Kicker müssen hören

In Craiova gilt Kultur als Drohung. von elke wittich

Ein knappes Dutzend erwachsener Männer zu motivieren, ist gar nicht so einfach. Schon ganze Generationen von Trainern und Managern haben sich an den verschiedenen Strategien, Bewegung in ein Team zu bringen, abgearbeitet. Vom mannschaftlich geschlossenen Lauf über glühende Kohlen bis zum Tobsuchtsanfall mit anschließender Androhung einer Entlassungswelle hat sich jedoch kein Ansatz als Patentrezept erwiesen.

Wenn die Kicker nicht wollen oder können, dann wollen oder können sie eben nicht und basta.

Dinel Staicu, Präsident des rumänischen Erstligisten Universitate Craiova, könnte es jedoch geschafft und seiner Elf richtig dolle Angst gemacht haben. Craiova hat nämlich ein Problem: Der 1948 als CSU (Club Sportiv Universitate) gegründete Verein, der seinen Namen 1966 auf Universitate verkürzte, liegt derzeit hinter Dinamo Bucuresti auf dem vierten Tabellenplatz der Divizia A. Damit wäre er nicht für den UI-Cup spielberechtigt, da nur der Dritte der rumänischen Liga die Chance hat, sich für den internationalen Wettbewerb zu qualifizieren. Um wenigstens theoretische Chancen auf eine internationale Teilnahme zu haben, sollte Universitate Craiova das nächste Spiel also unbedingt gewinnen.

Vielleicht befürchtete Dinel Staicu jedoch, dass seine Jungs den nächsten Gegner nicht ernst nehmen könnten, vielleicht wollte er aber auch nur mal seinen Namen in der Weltpresse lesen.

Staicu trat jedenfalls vor einige Lokalreporter und erklärte, für den Fall der Niederlage gegen Petrolul einen gut durchdachten Plan zu haben: »Wenn die Jungs die hitzige Atmosphäre eines harten Kampfes nicht aushalten können, dann sagt ihnen ja vielleicht die Ruhe eines sehr, sehr langen, absolut ereignislosen Klassikkonzertes zu!« Wer verliere, werde mit einem Besuch der örtlichen Philharmonie bestraft. »Sofort nach dem Abpfiff werde ich höchstpersönlich Karten für das Team bestellen!«

Für den Fall, dass seine Mannschaft Klassik ganz in Ordnung findet und nichts dagegen hat, ein paar Stunden in gemütlichen Sesseln den Klängen von Violinen, Bratschen und Oboen zu lauschen, hat Staicu einen Ersatzplan ausgearbeitet: »Wir können alternativ zum Konzertbesuch auch in eine sehr langweilige Ballettvorstellung gehen, kein Problem!«

Staicu hat gute Chancen, dass die Universitate-Kicker sich nun sehr anstrengen, denn die eher ungewöhnliche Motivation wirkte bereits im letzten Jahr auf ein anderes Team ungemein beflügelnd. Damals hatte der Boss von Steaua Bukarest, Giga Becali, erklärt, für jede im internationalen Wettbewerb erfolgreich absolvierte Runde werde er eine Kirche bauen lassen. Prompt und unerwartet warf sein Team Southhampton aus dem Pokal – vielleicht auch, weil den Kickern nicht wohl bei dem Gedanken war, es sonst mit dem geballten Zorn von Fußballfans und Gläubigen zu tun zu bekommen.

Becali hielt übrigens Wort. In der vorigen Woche teilte er mit, dass die Baupläne für die Kirche nun fertig seien und der Errichtung nichts mehr im Wege stehe.

Zur weiteren Motivation sollte er nun vielleicht den Bau einer Philharmonie in Angriff nehmen – mit extraguter Akustik für extralange Konzerte.