Taktiker wechseln Liga

Neues vom breiten Sport

Wegen der zurückliegenden Europameisterschaft und der sich anschließenden Diskussion, wer der neue Bundestrainer werden soll, ist der deutsche Breitensport unverhältnismäßig in den Hintergrund gerückt. So gab es zum Beispiel über Neuerungen in der Jungle-World-nahen Fußballmannschaft »Die Taktiker« in den letzten Wochen sträflich wenig Informationen; in den vergangen zwei Jahren übrigens auch. Jetzt also mal an dieser Stelle auf die Schnelle der neueste Stand.

Nach der Saison hören die Taktiker in der Liga der Technischen Universität auf und wechseln in eine Alte-Herren-Konkurrenz des DFB. Mit 40 Jahren Altersdurchschnitt haben es viele Spieler satt, mit Steroiden gedopte Mittzwanziger zu verdreschen. Allein die Ankündigung, die Taktiker zögen sich zurück, löste bei den anderen Teams Bestürzung aus. »Was, ihr seid doch so eine angenehme Mannschaft … Wie schade.«

Ja, wie schade. Jedes Jahr treten sie uns die Knochen ein und schreien 90 Minuten wie am Spieß »Arschloch, Votze, Sau« – und dann kommt der große Katzenjammer. Jungs, ihr könnt uns mal!

Eine andere Sache, mit der sich die Taktiker auseinander gesetzt haben, ist der Alkohol. (Andree: »Die Taktiker und Alkohol, das ist ’ne ganz eigene Geschichte.«) Irgendwie haben viele Taktiker mit dem Saufen aufgehört. Die Grenze, wo der Spaß endet und die Bedrohung anfängt, wurde allzu oft überschritten. Suff hin oder her: Die afrikanischen Testosteronkids von Cameroon Power wurden noch mal grandios vermöbelt. Spieler Albert: »Wir sind eenfach zu langsam für denen ihr Jekicker. Die könn’ so schön dribbeln, aber wir kapieren ditte nie und bleim eenfach stehn, vastehste? Und dann rennse sich feste. Dajeen hamse nie een Mittel jefund’n.«

Will sagen: Lob dem schlechten Fußball. Derzeit ist in einigen Kinos der Film »The Other Final« zu sehen. Bhutan spielt dort gegen Montserrat, die letztplatzierten Nationalteams treffen aufeinander. Ersetzt mindestens zwei Trainingstage.

Wenn jeder das tut, was er am besten kann, kann man jeden schlagen. Das Engagement in der Kreisliga hat uns einen schönen Rasenplatz im Berlin-Treptower Urwald beschert. Wir haben beschlossen, den Rest des Lebens ganz dem Fußball zu widmen: Wir werden in den Wald ziehen. Trikots brauchen wir nicht, wir spielen nur noch nackt. Uns wird Fell wachsen, dann können wir die Rückennummern ausrasieren (Stefan hat damit schon vor Jahren angefangen). Wir waschen uns in eiskalten Gebirgsbächen, aber wozu noch waschen: Vor Jahren haben wir ein Team einfach damit geschlagen, dass wir vergessen hatten, die Klamotten zu waschen. Bei jedem Angriff war den armen Teufeln totschlecht vor Gestank. Das nennt sich Spielerfahrung.

So treten wir den ganzen Tag den Ball und äsen den Rasen ab, der muss eh’ gemäht werden. Gegen den kleinen Hunger werden wir uns den einen oder anderen Gegenspieler grillen – wie Michel Piccoli das mit den zwei Bullen in »Themroc« macht. Wir betreiben ein wenig Wegelagerei, falls wir Geld brauchen; aber wahrscheinlich ist das nicht nötig. Die Berliner werden aus Neugier herbeiströmen, so dass wir ordentlich Eintritt nehmen können. Wer will schon Hertha BSC sehen, wenn er auch die nackten Taktiker haben kann. Wir werden nicht frieren, die ganze Scheiße um Hartz IV kann uns mal, und wenn die Polizei kommt, wenden wir auch Methode Piccoli an: Mit der Erfahrung aus mehreren schwullesbischen Turnieren wissen wir, wie man jeden Menschen rumkriegt.

Der neue Mann ist metrosexuell? Bitte schön, so lebt man in der Metropole. Sport ist gesund.

jürgen kiontke