Arisch lesen

Des Grazer Leopold Stocker Verlag erweitert sich und bringt unter der Marke Ares rechtsextreme Literatur auf den Markt. von franz übleis, wien

Kreuzstichmuster im Jahreslauf«, »Gams- & Steinwild« und »Der erfolgreiche Imker«: Mit hausbackenen Büchern dieser Art hat sich der in Graz ansässige Leopold Stocker Verlag eine Leserschaft vor allem im ländlichen Raum Österreichs und Deutschlands erarbeitet. Dass sich auch das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW), eine Beobachtungsstelle für rechtsextreme Umtriebe in Österreich, für die Aktivitäten des Verlags interessiert, hat damit jedoch nichts zu tun. Denn neben den beschaulichen Handbüchern fürs breite Publikum publiziert der Verlag seit seiner Gründung im Jahr 1917, wie das DÖW formuliert, »rechtsextreme bzw. von Rechtsextremen verfasste Literatur«. Und zwar so erfolgreich, dass er seit Ende Januar zusätzlich mit dem Ares Verlag aufwartet, einem neuen Angebot für einschlägig interessierte Leserinnen und Leser, einem Forum für das »anspruchsvolle Sachbuch und politisch-historische Titel auf wissenschaftlichem Niveau«.

Die ersten Bücher von Ares zeigen bereits die Richtung, in die es gehen soll. Da wäre der Klassiker »Die konservative Revolution« von Armin Mohler und Karlheinz Weißmann zu nennen. Zum Tode des bekennenden Faschisten Mohler im Jahr 2003 ließ der Verleger Wolfgang Dvorak-Stocker in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit Weißmann und anderen eine Todesanzeige von »Freunden und Schülern« schalten.

Caspar von Schrenck-Notzings »Charakterwäsche« aus dem Jahr 1965 erscheint bei Ares als »erweiterte Neuausgabe«. Das Buch bezeichnet die Reeducation Deutschlands durch die USA als »Umerziehung«, das Wort ist mittlerweile ein Kampfbegriff der rechtsextremen Szene. John Philipp Rushton hingegen teilt die Menschen gerne in »Weiße«, »Negroide« und »Mongoloide« ein und ist mit dem Band »Rasse, Evolution und Verhalten« vertreten. Weitere Buchtitel lauten: »Multikulturalismus und die Politik der Schuld« von Paul Eward Gottfried und »Der Untergang des britischen Empires. Roosevelt – Churchill und Amerikas Weg zur Weltmacht«.

Insbesondere für den deutschen Markt sei die Neugründung wichtig gewesen, heißt es in einer Presseerklärung des Verlags zum Auftritt von Ares. In Wirklichkeit ist Ares weniger eine Neugründung als vielmehr eine neue Marke, unter der ein seit langem etablierter Zweig des Verlagsprogramms fortgesetzt und offensiver als bisher vermarktet werden kann.

Der Verleger Wolfgang Dvorak-Stocker, ein Enkel des Verlagsgründers, pflegt eifrig Kontakte zur rechtsextremen Szene. 1997 übernahm er dem DÖW zufolge zehn Prozent der Anteile an dem Wochenblättchen Zur Zeit, bei dem Jörg Haiders früherer Berater, Andreas Mölzer, Chefredakteur war. Im Jahr 2002 war Dvorak-Stocker Referent der deutschen Gesellschaft für freie Publizistik, der »bedeutendsten rechtsextremistischen Kulturvereinigung« in Deutschland, wie sie der Verfassungsschutz bezeichnet. Unter Dvorak-Stockers Geschäftsführung habe sich die vom Stocker Verlag herausgegebene Zeitschrift Neue Ordnung in den vergangenen Jahren »von einer rechtskonservativen Zeitschrift zu einem Brückenbauorgan zum Rechtsextremismus verwandelt«, erläutert das DÖW. Im vorigen Jahr habe man darin u.a. einen Jubelartikel über den rumänischen Faschisten Corneliu Codreanu lesen können.

Das politische Klima hat sich in Österreich offensichtlich so verändert, dass die Truppe um Dvorak-Stocker sich nun traut, in die Offensive zu gehen, und gezielt neue Kunden sucht. Stocker erfreut sich auch der offiziellen Anerkennung seines verlegerischen Schaltens und Waltens durch die von der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) regierte Steiermark. Seit der dortige Landtag im Jahr 1992 einstimmig beschloss, den Verlag zum 75. Jubiläum mit dem Landeswappen auszuzeichnen, klebt der steirische Panther auf dem Verlagsgebäude und auf der Internetseite des Verlags.

Dagegen konnten auch die Grünen in der Steiermark nichts ausrichten. Ein im vorigen Jahr eingebrachter Antrag, »betreffend Versagung der öffentlichen Anerkennung für den Leopold Stocker Verlag durch das Land Steiermark«, in dem sie detailliert die Publikationen des Verlags zitierten und die Aktivitäten des Verlegers in der rechten Szene darlegten, wartet seit nunmehr fast einem Jahr im zuständigen Verfassungsausschuss auf Beachtung. »Es kann doch nicht sein, dass jemand mit solchem Gedankengut diese Auszeichnung führen darf und dadurch auch wirtschaftlich gegenüber Mitbewerbern profitiert«, sagte die grüne Abgeordnete Edith Zitz auf einer Pressekonferenz. Es kann aber doch sein.

Vertreter anderer österreichischer Parteien haben mit dem Gedankengut, das der Verlag verbreitet, weniger Probleme. Das legen zumindest die Fotos von Veranstaltungen des Verlags nahe, die er auf seiner Homepage präsentiert. Konservative wie Andreas Khol, der ehemalige Klubchef der ÖVP und derzeitige Parlamentspräsident mit einem gewissen Faible für Ordnungsrufe für die rot-grüne Opposition, oder Andreas Unterberger, ehemaliger Chefredakteur der Tageszeitung Die Presse und großer Anhänger der blau-schwarzen Regierung, sind darauf zu sehen. Auch der Industrielle Georg Mautner Markhof, ein Autor des Verlags, der ehemals in der Freiheitlichen Partei Östereichs (FPÖ) aktiv war, überrascht auf diesen Seiten kaum, ebenso wenig wie Karl von Habsburg-Lothringen.

Kurt Scholz hingegen ist seit dem Jahr 2001 als »Sonderbeauftragter der Stadt Wien für Restitutions- und Zwangsarbeiterfragen« für die Entschädigung von Zwangsarbeitern zuständig. Er war anwesend bei einer Buchpräsentation des Verlages, den er wohl noch aus seiner Zeit als Präsident des Wiener Stadtschulrates kennt, denn Stocker hat eine Reihe von offiziell approbierten land- und forstwirtschaftlichen Schulbüchern im Programm. Wien wird von der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) regiert.

Alles in allem kann man daran sehen, wie in Österreich mit den rechten Rändern des politischen Spektrums verfahren wird. Rechtsextremisten als Schulbuchverleger – eine Geschichte, wie geschaffen für die Feier zum 60. Geburtstag der Zweiten Republik.