Gipfel des Ressentiments

Die arabisch-südamerikanische Konferenz in Brasilien von wolf-dieter vogel

Es sollte ein Treffen werden, das sich Fragen der ökonomischen Zusammenarbeit widmet. Folglich eröffnete der brasilianische Gastgeber Luiz Ignacio »Lula« da Silva den ersten südamerikanisch-arabischen Gipfel mit einer Rede, wie man sie von ihm von Versammlungen der Welthandelsorganisation (WTO) kennt. Man kämpfe für einen Handel, »in dem die reichen Länder ihre Güter nicht subventionieren und durch den die armen Länder von der Globalisierung profitieren«, sagte der Präsident Brasiliens.

Nun ist es fraglich, ob lateinamerikanische Bauern von Verträgen mit »armen« Staaten wie etwa Saudi-Arabien mehr Nutzen haben als von einem Abkommen mit den USA. Aber zumindest könnte die Kooperation mit den Arabern die handelspolitische Stellung der Latinos gegenüber den US-Amerikanern oder den Europäern stärken.

In der »Erklärung von Brasilia«, mit der das Treffen am Mittwoch vergangener Woche in der brasilianischen Hauptstadt zu Ende ging, steht jedoch weniger die ökonomische als die politische Positionierung im Vordergrund. Das Schreiben erscheint wie ein Forderungskatalog, in dem die arabischen Staatsführer ihre Kritik am Staat Israel formulieren. Zwar verurteilt die Erklärung den Terrorismus, klagt aber zugleich das Recht ein, »Widerstand gegen eine fremde Besatzung zu leisten«, und macht die israelische Regierung zum alleinigen Verantwortlichen für die Konflikte in der Region.

Kein Wort über die geplante Räumung der Siedlungen im Gaza-Streifen, keine Zeile darüber, dass seit dem Tod des Palästinenserführers Yassir Arafat wieder konstruktive Lösungsvorschläge diskutiert werden können. Jeder könne das Schreiben »so lesen, wie er das versteht«, sagte der brasilianische Außenminister Celso Amorin. Damit wird es zugleich zum Freibrief für Terroraktionen in Israel und dem Irak, dessen Präsident Jalal Talabani in Brasilia kaum etwas erwidern konnte.

Der Erfolg, mit dem die Araber nach Hause gingen, dürfte in erster Linie einem Deal geschuldet sein: Das in Südamerika dominante Brasilien will einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Uno und braucht dafür eine möglichst große Zustimmung. Da kann Kritik an den USA und Israel kaum schaden, zumal da sich die gemäßigt linken Regierungen Brasiliens, Argentiniens und Uruguays auf diese Art zugleich bei Teilen ihrer eigenen Basis einschmeicheln. Wenn schon »Kein-Hunger-Programme« oder Agrarreformen schleppend verlaufen, kommen zumindest die antiamerikanischen und palästinafreundlichen Töne bei der radikaleren Linken gut an.

Dass solche Inszenierungen nur auf der Grundlage der bestehenden antiisraelischen Ressentiments zu machen sind, ist offensichtlich. Sonst hätte es nahe gelegen, neben Israel zumindest auch die Regierung Kolumbiens zu kritisieren, wo seit 50 Jahren Menschen im Krieg zwischen Staat und Guerilla sterben.

Es ist zu befürchten, wie die Israelitische Konföderation Brasiliens anmerkte, dass der Ausgang des Gipfels dem verhältnismäßig friedlichen Zusammenleben zwischen Muslimen und Juden in Lateinamerika »einen Krieg näher bringen wird, der nicht unserer ist«.

Darauf aufmerksam zu machen, dass »Selbstbestimmung« unter Umständen wenig mit Menschenrechten zu tun hat, blieb einigen Feministinnen vorbehalten. Die Frauen verbrannten vor dem Kongresszentrum Burkas. Bezeichnenderweise informierte darüber in Mexiko nicht etwa die linke Presse, sondern nur die bürgerlich-liberale Reforma, die ein Foto der Aktion als Aufmacher verwendete.