»Wasser gehört allen«

In Spanien herrscht Wassernotstand, obwohl der Sommer gerade erst begonnen hat. Ein Gespräch mit elisenda forés, Sprecherin der Arbeitsgruppe »Wasser« der Naturschutzorganisation »Ecologistas en Acción«

Wie groß ist das Ausmaß der Dürre?

Wir leben in einem mediterranen Land mit einem trockenen, heißen Klima. Da sind Dürreperioden keine Seltenheit, sie kommen regelmäßig vor. Es ist eine der harten Dürrezeiten, aber es ist nicht die schlimmste, die Spanien jemals erlebt hat. Von ihr ist natürlich ganz besonders die Landwirtschaft betroffen. Dazu kommt ein erhöhtes Risiko von Waldbränden. Aber vor allem geht es um die Menschen und ihren Wasserverbrauch. Wasser wird noch immer als unerschöpfliche Ressource angesehen, was es aber einfach nicht ist. Wenn wir jeden Tag eine halbe Stunde mit offenem Hahn duschen wollen, brauchen wir mehr Wasser. Wasser, das ein Land wie Spanien nicht besitzt.

Ist die Politik für den Wassermangel verantwortlich?

Es liegt in den Händen der Behörden, Regeln für den Umgang mit Wasser zu finden. Sie müssen dafür sorgen, dass auch in Zukunft genug Wasser zum Trinken aus den Hähnen kommt. Es fehlen Normen für einen nachhaltigen Gebrauch von Trinkwasser. Warum schütten wir Trinkwasser aus, spülen damit unser Geschirr, gießen damit unsere Pflanzen? Früher hat man dafür Regenwasser verwendet. Momentan beginnen Politiker und Verwaltungen damit, aktiv zu werden. In den vergangenen Jahren haben sie jedoch kaum etwas dafür getan, den bewussten Umgang mit Wasser zu fördern. Es gibt derzeit einige Projekte, zum Beispiel um Regenwasser zu verwerten oder Duschwasser zu recyclen, aber nur auf lokaler Ebene. Es wurde eine Dürreverordnung erlassen, um im Falle eines Notstandes private Wasservorräte für die Allgemeinheit nutzen zu können. Durch diese Verordnung wird also ein öffentliches Gut zum öffentlichen Gut erklärt. Das ist absurd. Wie kann Wasser Privateigentum sein?

Man muss sich bewusst sein, dass es Gemeinden gibt, die Wasser sparen und vorsichtig damit umgehen, und es gibt andere, die es verschwenden. Wenn eine Region für den Tourismus, die Schwimmbecken und die Golfplätze das Wasser nicht rationieren will, und dann die Nachbarregion nach Wasser fragt, kann man verstehen, dass die nichts abgeben will. Das Problem existiert zum Beispiel bei dem Streit um den Fluss Ebro zwischen den Regionen Katalonien, Valencia und Murcia. Natürlich kann man auf Solidarität bestehen, aber nur wenn alle rücksichtsvoll mit ihren Reserven umgehen.

Was halten Sie von dem Projekt, Trinkwasser aus dem Meer zu gewinnen?

Das ist sicher nicht die beste Lösung. Denn dann haben wir ein anderes Problem. Die Entsalzungsanlagen haben einen sehr hohen Energieverbrauch, was wiederum der Umwelt schadet. Was gemacht wird, ist, die unendliche Nachfrage zu stillen, anstatt den bewussten Umgang mit Wasser zu fördern. Wenn wir den Leuten mehr Wasser geben, werden sie mehr verbrauchen. Was wir aber machen sollten, ist zu versuchen, mit den vorhandenen Ressourcen zu leben.

Hat sich das Konsumverhalten der Menschen aufgrund der Dürre verändert?

Bis das Wasser nicht abgestellt wird, konsumieren wir auf die gleiche Weise weiter. Auf dem Land passen sich die Menschen an, da es einfach nicht genug Wasser gibt. In den großen Städten jedoch existiert kein Bewusstsein.

Wie sehen Ihre Prognosen für die Zukunft aus?

Die Dürreperioden werden in immer kürzeren Abständen wiederkehren. Daher werden die Menschen in Zukunft auch immer mehr Wasser brauchen. Umso wichtiger ist es nun, Ideen zu entwickeln, um auf Dauer den Wasserverbrauch zu reduzieren. Es gibt sehr viel zu tun in dieser Richtung, vor allem hier in Spanien.

interview: thorsten mense