Keine Schonzeit für Tiger

Die Präsidentschaftswahlen in Sri Lanka gewann Mahinda Rajapakse, der eine härtere Linie im Umgang mit der tamilischen Guerilla ankündigte. von peer bruch

Manche Wahlen werden von den Nichtwählern entschieden. Die Tamilen im Nordosten hätten wohl eher Ranil Wickremasinghe von der United National Party (UNP) ihre Stimme gegeben, der als kompromissbereiter in den Verhandlungen mit der tamilischen Guerillaorganisation LTTE (Liberation Tigers of Tamil Eelam) gilt. Doch die Beteiligung war extrem niedrig, in Jaffna betrug sie nur 0,014 Prozent. Es gab in den von den LTTE kontrollierten Gebieten fast keine Wahllokale, und wer sich auf den Weg machte, um außerhalb seine Stimme abzugeben, hatte Schwierigkeiten, die Straßensperren zu passieren.

Mahinda Rajapakse, der bisherige Premierminister von der Sri Lanka Freedom Party (SLFP), gewann mit einem Vorsprung von etwa 100 000 Stimmen. Wickremasinghe hatte sich als Friedensstifter präsentiert, da während seiner Regierungszeit als Premierminister im Jahr 2002 der Waffenstillstand mit der LTTE unterzeichnet wurde. Tamilische Stimmen konnte er kaum gewinnen. Die Tigers ließen indirekt durch Zeitungskommentatoren verkünden, dass es den Tamilen egal sein könne, wer neuer Präsident würde. Die tamilische Partei TNA versagte ihm die Gefolgschaft.

Der Konflikt mit den Tigers spielte im Wahlkampf eine wichtige Rolle. Rajapakse gab sich deutlich nationalistischer. In sein Bündnis aus über zwei Dutzend Parteien band er auch chauvinistische Kräfte wie die einst marxistisch-nationalistische JVP und die extremistische buddhistische Mönchspartei JHU ein. Im Wahlkampf propagierte er eine harte Linie gegenüber den LTTE. Sowohl der Waffenstillstand, der »gewisse Unzulänglichkeiten« aufweise, als auch der Verteilungsmechanismus für die Tsunami-Hilfsgelder müssten aus einer Position der Stärke neu ausgehandelt werden. Eine Autonomielösung oder ein föderalistisches Modell lehnt er strikt ab.

Diese Töne veranlassten Chandrika Kumaratunga, die scheidende Präsidentin und Mutterfigur der SLFP, auf Distanz zu Rajapakse zu gehen. Allerdings dürfte es dafür noch andere Gründe geben, denn Rajapakse stammt aus dem Distrikt Hambantota im ländlichen Süden. Er gilt für viele im politischen Establishment als Emporkömmling. Sowohl Kumaratungas als auch Wickremasinghes Familien stammen aus der Region Colombo und haben seit der Unabhängigkeit vielfach wichtige Regierungspositionen besetzt. Nahezu jeder Politiker sorgte dafür, dass die Verwandtschaft Zugang zu lukrativen Positionen oder Geschäften bekam.

Rajapakse hat ebenfalls eine große Familie, und die Aussicht auf unerwünschte Konkurrenz lässt bisherige politische Kontrahenten einander näher rücken. Vor der Wahl kursierte in Colombo das Gerücht, dass im Falle eines Wahlsieges Wickremasinghes eine Spaltung der SLFP bevorstünde und der neue Präsident seiner Vorgängerin zum Posten der Premierministerin verhelfen würde. Doch dazu kam es nicht. Kaum hatte die UNP eine Wiederholung der Abstimmung im Nordosten gefordert, wurde Rajapakse überraschend schnell am Sonnabend vereidigt.

Sri Lankas singhalesische Bevölkerungsmehrheit erscheint gespalten. Der Westen und das Zentrum favorisierten mehrheitlich die UNP, viele hofften, von der angekündigten wirtschaftlichen Liberalisierungspolitik Wickremasinghes profitieren zu können. Der Süden stand hinter Rajapakse, der Subventionen für die ländliche Bevölkerung versprach. Er warf seinen Gegnern stets den unpatriotischen Ausverkauf der Insel vor, sei es im Bereich der Wirtschaft oder auch der Politik gegenüber den Tamilen.

»Krieg ist nicht meine Methode«, beschwichtigte Rajapakse nach der Wahl, er strebe »direkte Gespäche« mit der LTTE an. Doch es bleibt unklar, wie er das mit seinen nationalistischen Verbündeten erreichen will. Diese hatten bereits im Sommer sein Regierungsbündnis platzen lassen.