Noch 25 Jahre

Die Abstimmung über den Voting Rights Act in den USA von william hiscott

»Obwohl wir Fortschritte erzielt haben, ist es die traurige Wahrheit, dass Diskriminierung weiterhin existiert. Deswegen brauchen wir das Gesetz noch. Wir dürfen nicht zur dunklen Vergangenheit zurückkehren.« So begründete der afroamerikanische Kongressabgeordnete John Lewis in der vergangenen Woche seine Unterstützung für die Aufrechterhaltung des Voting Rights Act (VRA). Mit großer Mehrheit verlängerte das Abgeordnetenhaus die Geltungsdauer des Gesetzes bis zum Jahr 2031.

Auch nach dem Bürgerkrieg blieben die Südstaaten eine Bastion des institutionalisierten Rassismus. Mit Gewalt, aber auch durch diskriminierende Gesetze wurden Schwarze daran gehindert, sich in die Wählerlisten einzutragen. Erst im Jahr 1965 gelang es der Bürgerrechtsbewegung, diese Hindernisse zu beseitigen. Der VRA verbietet auch indirekt diskriminierende Gesetze wie die Erhebung von »Wahlsteuern« und untersagt es lokalen Behörden, die Wahlkreise so einzuteilen, dass nur weiße Kandidaten eine Chance haben. Vorgeschrieben ist vielmehr das Gegenteil: Bei der regelmäßigen Neufestlegung der Wahlkreise müssen die Kandidaten der Minderheiten begünstigt werden.

Der VRA sollte ursprünglich vor allem die Gleichberechtigung der Schwarzen in den Südstaaten sicherstellen; in den siebziger Jahren wurde sein Geltungsbereich jedoch auch auf andere Minderheiten wie Native Americans, Asian-Americans und Latinos erweitert.

Etwa 100 Parlamentarier sind nicht damit einverstanden, dass dieses Gesetz noch ein Vierteljahrhundert lang unverändert bestehen soll. Knapp die Hälfte der republikanischen Fraktion unterstützte Änderungsanträge, die Abgeordneten forderten unter anderem, die Nennung der Südstaaten aus dem Gesetzestext zu streichen und mehrsprachige Stimmzettel zu verbieten. Um die Verabschiedung dennoch zu ermöglichen, brach die republikanische Führung sogar mit ihrer eisernen Regel, Gesetzesvorlagen nur dann zuzustimmen, wenn die Abgeordneten der eigenen Partei die erforderliche Mehrheit zustande bringen.

Sofern der VRA unbeschadet den Senat passiert, wird das Gesetz weiterhin das Wahlrecht für die nicht weißen Minderheiten garantieren. Damit werden auch »race« und »ethnische Gruppe« als zentrale Kategorien des politischen Systems der USA festgeschrieben, ähnlich wie bei der »affirmative action«, jenem staatlichen Programm, das Minderheiten unter anderem den bevorzugten Zugang zu Universitäten zuspricht.

Es wäre sicherlich wünschenswert, auf diese Kategorien verzichten zu können. Doch obwohl der offene Rassismus an Bedeutung verloren hat, ist der strukturelle Rassismus geblieben. Die Einteilung der Wähler nach ethnischen Kategorien bleibt daher die einzig pragmatische Lösung, um traditionell entrechteten Minderheiten eine bessere Repräsentation zu verschaffen.

Kein Gesetz ändert etwas daran, dass die überdurchschnittlich hohe Armut und die schlechten Bildungschancen einiger Bevölkerungsgruppen deren Wahlbeteiligung mindern. Zudem beseitigt der VRA nicht alle diskriminierenden Regelungen. Das markanteste Beispiel dafür ist der Entzug des Wahlrechts für Vorbestrafte, die sich in einigen Bundesstaaten auch nach ihrer Freilassung nur mit großem Aufwand, wenn überhaupt, wieder in die Wählerlisten eintragen können. Diese Regelung entzieht vor allem schwarzen Männern, zunehmend aber auch Latinos, das Stimmrecht. Und der nächste Streit scheint vorprogrammiert, denn der Unmut unter den Latinos über ihre mangelnde Vertretung im Kongress wächst.