So klingen Kalaschnikows

Der Krieg in Somalia von jörn schulz

Hussein Mohammed Farrah Aideed hat viele Wünsche. Geld möchte er von der »internationalen Gemeinschaft«, eine Friedenstruppe mit mindestens 8 000 Soldaten, aber auch »neue automatische Waffen« für die Polizeitruppe, die der Innenminister der somalischen Übergangsregierung aufstellen will. Waffen gibt es im Land eigentlich genug, allein in der Hauptstadt Mogadishu etwa eine Million. Doch Aideed wünscht sich Gewehre mit einem anderen Sound als dem der Kalaschnikow, der Standardwaffe somalischer Milizionäre, »damit die Bevölkerung es hören und sagen kann: ›Oh, das sind nicht die Warlords, die einander töten.‹«

Noch aber wird mit der Kalaschnikow getötet, derzeit vor allem von äthiopischen Soldaten, die am Samstag bei Protesten in Mogadishu drei Menschen erschossen. Die Übergangsregierung sah sich gezwungen, die angekündigte Zwangs­entwaffnung auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Freiwillig haben die Bewohner Mogadishus kaum mehr als ein Dutzend Gewehre abgeliefert. Auch die Marktanalyse spricht nicht für Vertrauen in eine friedliche Zukunft. Der Preis für eine Kalaschnikow hat sich seit Ende Dezember verdoppelt.

Obwohl die meisten Bewohner der Hauptstadt dem islamistischen Tugendterror nicht nachtrauern, fürchten sie sowohl die Warlords Mogadishus, die sich während der Herrschaft der Union der islamischen Gerichte zurückhalten mussten, als auch die neuen Machthaber. Dass Aideed ein Gehalt von der Uno bezieht, wird womöglich nicht genügen, um aus dem Warlord einen Politiker zu machen, der bereitwillig die Macht teilt.

Aideed kennt auch den Sound der M‑16, der Standardwaffe des US-Militärs. Der Sohn des einst mächtigsten somalischen Warlords absolvierte eine Ausbildung beim Marine Corps. Im Oktober 1993 tötete die Miliz seines Vaters 18 US-Soldaten. Drei Jahre später wurde Aideed senior erschossen, sein Sohn nannte das Gefecht mit den US-Soldaten »einen glorreichen Tag für die Somalis«, als er die Führung der Miliz übernahm. Doch im Weißen Haus ist man nicht nachtragend, spätestens seit er im Jahr 2002 der US-Regierung anbot, sie könne in Somalia Militärbasen errichten, gilt er als Verbündeter. Bei der Rekrutierung der Polizeikräfte dürfte Aideed seine Anhänger bevorzugen, und er hat schon mal die Villa Somalia bezogen, den Präsidentenpalast.

Noch allerdings ist selbst für die Beteiligten unklar, welche Bündnisse und Konflikte die neuen Verhältnisse hervorbringen werden. Direkt werden wohl weder die USA noch Äthiopien in die bevorstehenden Machtkämpfe eingreifen, und die Aufstellung einer »robusten« Friedenstruppe durch die Afrikanische Union oder die Uno war bislang immer ein mehrere Jahre dauernder Prozess. Da es derzeit so scheint, als würden die islamistischen Milizen eine Weile brauchen, um sich zu reorganisieren, begnügt sich die »internationale Gemeinschaft« mit einer Blockade. Die kenianische Armee schickt Flüchtlinge in das Kriegsgebiet zurück, die US-Marine verhindert eine Flucht über das Meer.

Die Bereitschaft, Geld auszugeben, ist im Kapitalismus ein recht zuverlässiger Maßstab für die Bedeutung eines Anliegens. Die EU will erst einmal gar nichts zahlen, die US-Regierung hat 17 Millionen Dollar zugesagt. Das ist weniger als ein Promille der Summe, die nach dem Irak-Krieg bereitgestellt wurde.