Rebellion in Alpha Yaya

Am Ende ließen ihn sogar seine Parteifreunde im Stich. Der Generalstreik zwang Guineas Präsidenten Conté zu einem Kompromiss mit der Opposition. von bernhard schmid, paris

Eine lange Amtszeit war ihm nicht beschieden. Nur 14 Tage lang hat der erste Premierminister der Republik Guinea, Eugène Camara, durchgehalten. Dann wurde sein Nachfolger, Lansana Kouyaté, ernannt. Der Posten eines Premierministers war in der Verfassung nicht vorgesehen. Seit der Unabhängigkeit im Jahr 1958 regierten in Guinea nur zwei Präsidenten. Auf den linksnationalistischen Diktator Ahmed Sékou Touré folgte 1983 der prowestliche Autokrat Lansana Conté.

Doch die Guineer waren immer weniger bereit, Contés Herrschaft zu akzeptieren. Anfang des Jahres begann der dritte und am stärksten befolgte Generalstreik innerhalb eines Jahres. Am 27. Januar schlossen die beiden wichtigsten Gewerkschaften, die den Massenausstand anführten, die CNTG und die USTG, ein Abkommen mit dem Präsidenten, das die Ernennung eines »Premierministers des Konsenses« vorsah. Die Opposition war bereit, mit dieser Kompromissformel dem 73jährigen Conté einen sanften Übergang in den Ruhestand zu ermöglichen, forderte aber, dass er den größten Teil seiner Macht an eine Übergangsregierung abtreten müsse.

Präsident Conté bestellte jedoch am 9. Februar einen Mann aus seiner engsten Umgebung zum neuen Premierminister. Unmittelbar nach der Ernennung Camaras begann der zum Teil militante Protest erneut. Das Militär schlug sofort hart zu, Ausgangssperren und das Kriegsrecht wurden verhängt. Innerhalb weniger Tage starben über 100 Menschen. Dann aber meuterten die Soldaten des Militärlagers Alpha Yaya in der Hauptstadt Conakry gegen ihre Vorgesetzten. Sie plünderten ein Waffendepot, verbündeten sich mit den Streikenden und griffen eine Kaserne an. Ende Februar weigerte sich das von Contés Partei kontrollierte Parlament, der Verlängerung des Ausnahmezustands zuzustimmen. Die Abgeordneten hatten nun mehr Angst vor dem Aufstand als vor dem Präsidenten. Die Parlamentarier, die ihre Wahlkreise außerhalb der Hauptstadt haben, fürchteten um ihre Besitztümer, zumal auf die Armee kein Verlass mehr war.

Von seinen Parteifreunden im Stich gelassen, fand Conté auch international keine Unterstützung. Die Großmächte griffen nicht ein, obwohl Frankreich am 14. Februar das Kriegssschiff »Sirocco« in Richtung Guinea auslaufen ließ, »um im Notfall bedrohte westliche Staatsbürger zu evakuieren«, und seine Truppen im Senegal und in der Côte d’Ivoire einsatzbereit hielt. Sowohl die US-amerikanische als auch die deutsche Botschaft in Conakry schickten Unterhändler ins Hauptquartier der Gewerkschaften, in Paris empfing Jacques Chiracs Beauftragter für Afrika, Michel de Bonnecorse, »Vertreter der guineischen Zivilgesellschaft« zu Unterredungen. Conté musste erkennen, dass die Großmächte bereits sondierten, wie es nach einer politischen Umwälzung um ihre Interessen bestellt sein würde.

Vermittelt von der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (Ecowas) kam es am vorletzten Wochenende zu Verhandlungen, bei denen Präsident Conté zum Einlenken gedrängt wurde. Der Präsident durfte sich nun nur noch für einen von vier Kandidaten entscheiden, die ihm die Gewerkschaften vorschlugen. Es handelte sich um Diplomaten, Wirtschafts- und Verwaltungsfachleute, denen zugute gehalten wird, zumindest nicht korrupt zu sein und die Entwicklung des armen, aber rohstoffreichen Landes im Auge zu haben. Conté entschied sich für Lansana Kouyaté, den ehemaligen Generalsekretär der Ecowas.

Von ihm erwarten Gewerkschaften und soziale Bewegungen auch eine Verbesserung der materiellen Lebensverhältnisse. Diese werden nicht zuletzt von der angestrebten Neuverhandlung der internationalen Wirtschaftsabkommen abhängen. Derzeit zahlen transnationale Konzerne nur sehr geringe Abgaben, die Hälfte der Bevölkerung lebt von weniger als einem Euro pro Tag.