Platz zwei für die Theocons

Auch die Wahlhilfe der katholischen Kirche konnte den Konservativen nicht helfen: Die Sozialdemokraten sind die Sieger der Wahl in Spanien. von thorsten mense

Nach einem äußerst aggressiven Wahlkampf, an dem sich neben den Parteien auch die katholische Kirche und die Eta auf ihre Weise beteiligten, ist nun fast alles wie vor der Wahl in Spanien. Die regierenden Sozialdemokraten (Psoe) haben leicht zulegen können, mit über 43 Prozent der Stimmen konnten sie am Sonntag jedoch erneut keine absolute Mehrheit erlangen. Die rechtskonservative Volkspartei PP liegt ähnlich wie 2004 mit fast 40 Prozent knapp dahinter.

Verlierer der Wahl sind die kleinen Parteien, allen voran die Republikanische Linke Kataloniens (ERC), die anstelle von acht Abgeordneten nun nur noch drei ins Parlament schicken wird. Auch die Vereinigte Linke (IU) verlor drei ihrer fünf Sitze. Das Ergebnis der Wahlen zeigt, dass sich der Trend zu einem Zwei-Parteien-System in Spanien fortsetzt. Während die beiden Erzrivalen Mariano Rajoy (PP) und José Luis Rodríguez Zapatero (Psoe) versuchten, durch mediale Inszenierungen Sympathien in der Bevölkerung zu gewinnen, führten andere Kräfte der Gesellschaft auf der Straße ihren eigenen Wahlkampf.

Die katholische Kirche, insbesondere der rechte Hardliner und neu gewählte Vorsitzende der spa­nischen Bischofskonferenz, Antonio María Rouco Varela, beteiligte sich so rege wie nie zuvor am Wahlkampf und machte Stimmung gegen den regierenden Psoe, der in den vergangenen vier Jahren durch eine Reihe von Reformen das Land modernisiert hat. Homo-Ehe, Vereinfachung der Scheidung, Legalisierung von 700 000 illegalisierten Migranten, das Erinnerungsgesetz zur Franco-Diktatur, Verhandlungen mit der linksnationalistischen baskischen Guerilla Eta – sowohl die Kirche als auch die Volkspartei sahen dadurch die konservative Moral bedroht und kämpften gemeinsam gegen die »Untergrabung der Demokratie und der Menschenrechte«.

Die Bischofskonferenz formulierte sogar Ende Januar eine »moralische Orientierung« für die Wahl. Ohne die Regierungspartei explizit zu erwähnen, wurden in dem Schreiben fast alle von ihr initiierten Reformen als »ungerechte Gesetze«, die gegen Gott und die Kirche gerichtet seien, bezeichnet. »Bürgerliche Rebellion« – das ist das Schlagwort, das die politische Rechte vereint, von ehemaligen Franquisten und der Kirche über die Volkspartei bis hin zur extremen Rechten. Trotz des kleinen Wahlerfolgs des PP scheint diese »Rebellion« nicht mehr zu sein als ein verzweifelter Versuch alter Männer, das einstige Spanien wiederherzustellen.

Die Rebellion von linker Seite könnte effektiver ausfallen. Die linken Nationalisten im Baskenland und in Katalonien hatten zum Wahlboykott aufgerufen. Verständlicherweise, sehen sie doch Zentralspanien entweder als Unterdrücker oder bereits als zukünftiges Nachbarland.

Die Eta hatte ebenfalls zum Boykott der Wahlen aufgerufen. Um der Aufforderung etwas Nachdruck zu verleihen – oder auch einfach, um sich selbst kurz vor den Wahlen ins Gespräch zu bringen –, waren es mit hoher Wahrscheinlichkeit die militanten Separatisten, die am Freitag voriger Woche in der kleinen baskischen Stadt Arrasate den ehemaligen Funktionär des Psoe, Isaías Carrasco Miguel, durch Genickschüsse vor den Augen seiner Familie umbrachten.

Eine Selbstbezichtigung der Eta gibt es bisher nicht, was zu Spekulationen in der Linken führt: Rechte Kreise hätten das Attentat verübt, um die Wähler in die Arme des PP zu treiben. Deren Lösung für die regionalen Konflikte besteht seit jeher aus zwei Rezepten: Repression und zentralspanischer Nationalismus. Zuzutrauen ist diese Art des militanten Wahlkampfs sowohl der Eta als auch manchen Kreisen aus Polizei und PP, die noch unter Franco ihr Handwerk gelernt haben. Profitiert haben jedoch beide Seiten nicht. Zwar war die Wahlbeteiligung im baskischen Teil zehn Prozent niedriger als 2004, jedoch hat der Psoe dort zum ersten Mal seit 1993 wieder die meisten Stimmen bekommen. Auch die Verwüstungen einzelner Wahllokale im Baskenland durch Sympathisanten der Unabhängigkeitsbewegung konnten daran nichts ändern.

Die Wahlen zeigen, dass die Unterstützung für die regionalen nationalistischen Parteien schwindet und auch die »Theocons«, die Rechten zusammen mit den Theologen, keine Mehrheit in der Bevölkerung haben.