Minus 0,8

»Neuer Monat, neues Glück?« fragte sich der Anlagestratege auf der Website www.godmode-trader.de, und antwortete auch gleich selbst: »Ja, es ist wieder da, das Prinzip Hoffnung – Hoffnung, dass der November besser wird als der schwarze Oktober 2008.« Zumindest krachten die Börsenkurse an diesem Montag, dem ersten Tag des neuen Monats, nicht erneut in den Keller. Aber am gleichen Tag wurde auch der so genannte Markit-Einkaufsmanager-Index veröffentlicht. Demnach bricht die Industrieproduktion in Europa drastisch ein, die Geschäfte laufen so schlecht wie seit mindestens elf Jahren nicht. »Die Industrieunternehmen bewerten die aktuelle Lage als grottenschlecht«, sagte Heinrich Bayer, der in den Medien als Postbank-Experte vorgestellt wird. »Bei diesen Umfragewerten ist an eine konjunkturelle Erholung vorläufig nicht zu denken.«
Nun werden Befürchtungen laut, dass es zu einem deutlichen Rückgang der Industrieproduktion kommt. Bereits im Oktober hat die Industrie in Europa so viele Arbeitsstellen abgebaut wie seit 2002 nicht mehr. Erstmals seit drei Jahren wurden in Deutschland die Belegschaften reduziert, es traf vor allem Zeitarbeiter. Die Unternehmen jammern über einen Nachfrageeinbruch.
Auch die Herbstprognose der Europäischen Union lässt keinen Optimismus aufkommen: Die Euro-Zone steht vor einer Rezession. Die EU erwartet für das Jahr 2009 nur noch ein Wachstum von 0,1 Prozent, im Frühjahr ging sie noch von 1,6 Prozent aus. Für die deutsche Wirtschaft wird im kommenden Jahr eine Stagnation prognostiziert, Hauptgrund sei ein erwarteter Einbruch bei den Exporten als Rückgrat der deutschen Wirtschaft.
Dafür gab es für die deutschen Unternehmer auch eine erfreuliche Nachricht: In der EU hat Deutschland in den vergangenen acht Jahren die schwächste Reallohnentwicklung. Als einzige in ganz Europa mussten Arbeiter in dieser Zeit in Deutschland Reallohnverluste hinnehmen: minus 0,8 Prozent. Zum Vergleich: Italien plus 7,5 Prozent, Frankreich plus 9,6 Prozent, Großbritannien mit seinem anglo-amerikanischen Raubtierkapitalismus gar plus 26,1 Prozent. Das kommt davon, wenn man sich der deutschen »Technik des sozialen Friedens« (Johannes Agnoli) bedenkenlos hingibt.