Mindestlohn für Lehrer in Integrationskursen

Arm von Amts wegen

15 Euro brutto pro Stunde sei ein prima Mindestlohn für die Leiter von Integrationskursen, meint das Bundesamt für ­Migration und Flüchtlinge. Tatsächlich ist man mit Arbeitslosengeld II besser dran.

»Sprache ist ein Schlüssel für erfolgreiche Integration«, weiß das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Den Hauptteil der entsprechenden Angebote an Neuzuwanderer bilden seit vier Jahren die so genannten Integrationskurse. Immigranten sollen in 600 bzw. 900 Unterrichts­stunden die deutsche Sprache erlernen und des weiteren etwas über deutsche Geschichte, Politik und die Verfassung erfahren.

Seit dem 1. Januar dürfen diese Kurse nur noch von Lehrern geleitet werden, die entweder den Studiengang Deutsch als Fremdsprache absolviert oder eine entsprechende Zusatzqualifikation nach dem Studium eines artverwandten Fachs erworben haben. Diese Richtlinien stammen vom BAMF, das ihre Einhaltung kontrolliert und dafür gesorgt hat, dass jene, die in der Erwach­senenbildung tätig sind, sich schnellstens nach einer beruflichen Alternative umsehen müssen. Denn 15 Euro Honorar pro Unterrichtsstunde hält die Behörde ebenfalls seit dem 1. Januar für eine angemessene Entlohnung. Bildungsträger und Sprachschulen, die Integrationskurse anbieten, sollen auf diesen Mindestlohn verpflichtet werden. Gemeint sind, wohlgemerkt, 15 Euro brutto.

Da den Teilnehmern von Integrationskursen nicht mehr als fünf Unterrichtsstunden täglich zugemutet werden dürfen, können ihre Lehrer maximal 75 Euro brutto pro Tag verdienen, das macht bei 20 Arbeitstagen monatlich 1 500 Euro. Davon sind die Beiträge an die Krankenkassen abzuführen, die ihre Forderungen von einer fiktiven Bemessungsgrundlage ableiten, welche wesen­tlich höher liegt als die erwähnten 1 500 Euro. Dasselbe tut die Deutsche Rentenversicherung Bund, in die einzuzahlen freiberufliche Lehrer und Dozenten verpflichtet sind. Diese zahlen weiterhin Einkommenssteuer und verfügen somit unterm Strich über ein Einkommen, das – selbst bei großzügigem Entgegenkommen von Kranken- und Rentenkasse – knapp unter dem Regelsatz für das Arbeitslosengeld II liegt.
Dass auch ein Lehrer in der Erwachsenenbildung mal krank wird, von Zeit zu Zeit Urlaub braucht und die Fahrtkosten zur Schule in der Regel aus eigener Tasche berappen muss – all das berücksichtigt das BAMF nicht, behauptet aber nassforsch, dass der Mindestlohn die »Qualität der Kurse« sichern soll.
Tatsächlich ist diese Art der »Qualitätssicherung« ein Hohn für alle, die Integrationskurse leiten. Zahlreiche Bildungsträger und Schulen wissen von den Abgaben, die auf ihre freiberuf­lichen Kräfte zukommen, und zahlen Honorare, die über 15 Euro liegen. Noch. Ab sofort können aber auch sie die Honorare senken und sich da­bei auf das Bundesamt für Migration und Flücht­linge berufen. Schließlich hält die Behörde 15 Euro brutto pro Stunde für ausreichend als Lohn für Dozenten, die einerseits über einen akademischen Abschluss verfügen und andererseits dazu angehalten werden, die Integration von Menschen zu gewährleisten, die sich alles andere als leicht damit tun, die mitunter traumatisiert, verzweifelt oder »bildungsfern« sind.

Während junge Lehrer protestieren und/oder aus Berlin wegziehen, weil sie in dieser Stadt nicht verbeamtet und mit einigen hundert Euro monatlich weniger abgespeist werden als ihre Kollegen in anderen Bundesländern, beschwerten sich die Beschäftigten in der Erwachsenenbildung kaum. Es kam zu nur wenigen Bündnissen und Protesten. So gründete sich im vorigen Jahr in Berlin ein Ableger der in München entstandenen Dozentenvertretung »Aktion Butterbrot«, Initiativen sammelten Unterschriften und wandten sich protestierend ans BAMF.
Vergeblich. Die Initiativen verschwanden wieder, die Dozenten kehrten in ihre Kurse zurück und nahmen die Verhältnisse und Honorare so hin, wie sie waren. Deshalb konnte das BAMF die Arbeitsbedingungen weiter verschlechtern und die Honorare senken.
Somit ist inzwischen der Punkt erreicht, an dem es finanziell aufs selbe hinausläuft, ob man Kurse leitet oder zum Jobcenter geht und Arbeitslosengeld II beantragt.