Das perfekte Verbrechen

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Seit Jahren hatte Mathilde M. (Name geändert) geplant, sich an ihrer ehemaligen Sandkastenfreundin Michèle K. zu rächen. Eigentlich hatte sie den Gedanken seit ihrer Kindheit nie aufgegeben. Immer wieder hatte Michèle sie damals wegen ihrer Korpulenz gehänselt. Als sie dann viele, viele Jahre später erfuhr, dass Michèle Polizistin geworden war, während sie Treppenhäuser putzte, da fasste sie den Plan.
Jeden Freitag »Derrick« und »Der Alte«, jeden Montag den »Tatort« – Mathilde war kriminalistisch bestens geschult. Die Kunst, das wusste sie, war es nicht, möglichst wenige Spuren zu hinterlassen, sondern möglichst viele. Verwirrung stiften. Nur deshalb bewarb sie sich vor 14 Jahren für die kärglich bezahlte Stelle als Verpackerin von Wattestäbchen bei der Firma Greiner Bio-One.
Nur zur Tarnung beging sie seitdem 40 Verbrechen in verschiedenen europäischen Ländern, bei denen sie jedes Mal ordentlich DNA-Material hinterließ. Haare, Hautschuppen, die sie absichtlich am Tatort verstreute. Sie erdrosselte anfangs ein paar wehrlose Rentner, brach dann in Gartenhäuschen und Schulen ein, bis dann im April 2007 endlich der große Tag der Abrechnung kam. Mathilde war selbst überrascht, wie problemlos der Mord an Michèle verlief. Sie erschoss sie einfach auf einem Parkplatz in Heilbronn. Peng. Ihre Hände zitterten nicht einmal. Nun musste sie nur noch ein paar Hautschuppen auf den Polizeiwagen streuen, und die Spur war gelegt. Doch ihr Meisterstück kam jetzt erst: Durch einen anonymen Hinweis machte sie die Ermittler auf sich selbst aufmerksam. Als Verpackerin von Wattestäbchen hatte sie sämtliche Stäbchen, mit denen DNA-Tests durchgeführt werden, in der Hand gehabt. Alle Gen-Proben galten als untauglich, sie war die erste, die nun als potenzielle Täterin ausgeschlossen wurde. Ihren Triumph genießt sie heute still und heimlich.
Zugegeben, so war es nicht. Aber die Geschichte, wie sie wirklich war, ist nicht weniger kurios.