Die internen Konflikte in der NPD nach dem Parteitag

Nationales Durcheinander

Während der alte und neue NPD-Vorsitzende Udo Voigt militante Neonazis um sich schart, arbeitet sein parteiinterner Gegner Andreas Molau mit der DVU am bürgerlichen Image der Rechtsextremisten.

Nur oberflächlich betrachtet hat sich in der NPD nicht viel verändert. Udo Voigt ist auch nach dem Sonderparteitag vom vergangenen Wochenende in Berlin noch Vorsitzender der rechtsex­tremistischen Partei. Zwei Drittel der Parteitagsdelegierten votierten für den Reserveoffizier der Bundeswehr. Vorausgegangen war dem Parteitag eine in die­ser Offenheit selten geführte Schlammschlacht innerhalb der Führungsriege. Einige ehemals ein­flussreiche Parteikader hatten sich in den vergangenen Monaten von Voigt abgewandt und einiges versucht, um ihn als Vorsitzenden zu stürzen. So traten Andreas Molau, ehemaliger Wal­dorf­schul­­leh­rer aus Niedersachsen, und der Fraktions­vorsitzende der NPD in Mecklenburg-Vorpommern, Udo Pastörs, im Oktober 2008 von ihren Ämtern im Bundesvorstand zurück. Der sächsische Fraktionsvorsitzende Holger Apfel und der bayerische Parteivorsitzende Sascha Rossmüller erklärten vor dem Berliner Sonderparteitag, nicht mehr für das Gremium zu kandidieren, sollte Voigt wieder Parteivorsitzender werden.

Auf dem vorangegangenen Parteitag in Bamberg hatte Voigt noch knapp 90 Prozent der Stimmen erhalten. Damals schon hatten sich Molau und Pastörs als seine potenziellen Nachfolger ins Gespräch gebracht, dann aber doch auf eine Gegenkandidatur verzichtet. Hinter den Kulissen arbeiteten die Frondeure aber weiterhin daran, Voigt zu stürzen. Nach der Verurteilung des ehemaligen Schatzmeisters der Bundes-NPD, Erwin Kemna, zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und acht Monaten wegen Untreue eskalierte die innerparteiliche Auseinandersetzung, und der Zwist trat mit dem Rücktritt Molaus offen zu Tage. Der ehe­ma­lige Schatzmeister hatte mehr als 740 000 Eu­ro veruntreut und in sein marodes Küchenstudio umgeleitet. Dem Parteichef Voigt, der seinem Freund Kemna rückhaltlos vertraut hatte, warf Molau daraufhin die Vernachlässigung der Aufsichts- und Kontrollpflicht vor. Nach Molaus Rücktritt brachten ihn der Bundes­geschäftsführer Peter Marx sowie Apfel und Pastörs als zukünftigen NPD-Bundesvorsitzenden ins Gespräch, worauf Voigts Anhänger eine regelrechte Diffamierungskampagne gegen Molau begannen.

Doch der war nur ein Kandidat auf Zeit. Am 16. Februar beschloss der Landesvorstand von Mecklenburg-Vorpommern, Udo Pastörs für den Bundesvorsitz kandidieren zu lassen. Weil Molau plötzlich auch von denjenigen keine Unterstützung mehr erhielt, die ihn zuvor protegiert hatten, erklärte er, nicht mehr für das Amt des Parteivorsitzenden zur Verfügung zu stehen. In einer persönlichen Erklärung wetterte Molau noch einmal kräftig gegen Voigt und seinen Intimfeind, den Hamburger Neonazi und stellvertretenden Bundesvorsitzenden Jürgen Rieger. Demnach sei Voigt eine »willfährige Marionette des Börsenspekulanten Rieger«, und die beiden hätten zudem »in den letzten Wochen eine planmäßige Rufmordkampagne« gegen ihn betrieben. Ohnehin hätte Voigt wegen der Kemna-Affäre »die Legitimation zur Führung der Partei verloren« und sei »nicht mehr glaubwürdig«.

Voigt als Parteivorsitzenden ablösen und dennoch Jürgen Rieger verhindern wollte auch Pastörs. Doch von den Parteitagsdelegierten stimmten lediglich 72 für ihn. Dafür wurde der Parteitag für Voigt ein Erfolg – vorerst. Er selbst wurde wieder­gewählt und die Frondeure wurden abserviert. So findet sich denn auch keiner seiner innerparteilichen Gegner mehr im Bundesvorstand. Als eine »vor Lust an der Provokation nur so strotzen­de Ewiggestrigen-Truppe von Schädelvermessern, Rassefanatikern und Thälmann-Abklatschen« beschreibt ein rechtes Internetportal den neuen NPD-Bundesvorstand. Die von Voigt initiierte »Volksfront von rechts« dürfte mit dem Rassisten und strammen Neonazi Jürgen Rieger als stellvertretendem Parteivorsitzendem, Thomas »Steiner« Wulff und dem Versandhändler Thorsten Heise als Mitglieder des erweiterten Parteivorstands neuen Auftrieb erhalten haben. Mehr noch als bisher scheint sich die rechtsextremistische Partei den militanten Neonazis zu öffnen und diese zu integrieren.

Diese Strategie gefällt jedoch nicht allen. Erste Absetzbewegungen zeichnen sich ab. Pastörs tritt nach eigenen Angaben in die zweite Reihe und will sich – vorerst – auf seine Arbeit in Mecklenburg-Vorpommern beschränken. Holger Apfel und Jürgen Gansel propagieren den »sächsischen Weg« eines »gegenwartsbezogenen volksnahen Nationalismus« statt »unpolitischer Nostalgiepflege, ziellosem Verbalradikalismus und pubertärem Provokationsgehabe«. Der saarländische NPD-Vorsitzende Frank Franz, der sich eben­falls einen »Parteivorstand gewünscht« hat, »von dem ein Signal der Modernisierung und der Politikfähigkeit ausgeht«, will sich auf die Landtagswahl am 30. August konzentrieren und den »sächsischen Weg« beschreiten – also weg von den pöbelnden und gewaltbereiten Krawallmachern der »freien Kameraden«, hinein in die bürgerliche Mitte der Gesellschaft. Holger Apfel hat das Ziel der NPD in Sachsen für die Landtagswahl Ende August mit »10 plus x« angegeben. Sollte seine Strategie Erfolg haben, dürfte Voigt neuer Ärger ins Haus stehen und seine Tage als Parteivorsitzender wären wohl end­gültig gezählt.

Derweil schmieden der Bundesvorsitzende der DVU, Matthias Faust, und sein neuer Pressesprecher Andreas Molau bereits weitere Pläne für das rechtsxtremistische Lager. Ihre Idee ist eine neue rechte Sammlungsbewegung, welche die Rechte eint und in nationalkonservativen Kreisen rechts von der CDU Wähler gewinnen soll. Molau teilte der Presse zu seiner Doppelmitgliedschaft mit, er betrachte diese als »konsequenten Schritt«. Dies solle »dokumentieren, dass es ein Gegeneinander im nationalen Bereich nicht mehr geben darf«. Tatsächlich darf man die Aufnahme der Tätigkeit wohl als Affront gegen Voigt verstehen. Schon machen erste Gerüchte die Run­de, wonach Mitglieder der sächsischen NPD den Übertritt zur DVU planen. Und finanzielle Schwierigkeiten drohen außerdem. Nach dem fehlerhaften Rechenschaftsbericht der NPD für das Jahr 2007 verlangt die Bundestagsverwaltung insgesamt rund 2,5 Millionen Euro bis zum 1. Mai.