Friede den Apartments

Viele Einwohner Sidi Mounems, eines Slumviertels am Rand Casablancas, können ihre Hütte zwar nicht gegen einen Palast, aber immerhin gegen ein Apartment tauschen. Das haben sie den Jihadisten und der Immobilienkrise zu verdanken. 14 junge Männer aus Sidi Mounem waren im Jahr 2003 an Selbstmordanschlägen beteiligt, bei denen 45 Menschen getötet wurden. König Mohammed VI. nahm dies zum Anlass, um ein Bauprogramm zu dekretieren, bis zum Jahr 2012 sollen 130 000 Sozialwohnungen errichtet werden. Da Seiner Majestät das Wohl der Privatwirtschaft am Herzen liegt, gewährt das Programm nur finanzielle Anreize, knapp zwei Milliarden Dollar sind hierfür vorgesehen. Doch Luxusappartments und Hotels zu errichten, war meist profitabler. Nun sind die Immobilienpreise immens gefallen, die Bau- und Immobilienfirmen interessieren sich verstärkt für das Programm.
Wer Familien aus einem Slum in sein Apartmenthaus aufnimmt, erhält finanzielle Vergünstigungen. Den Slumbewohnern wird etwa 40 Prozent des Kaufpreises für die Wohnung erstattet, der in Casablanca umgerechnet nur einige tausend Dollar beträgt. In Sidi Mounem scheint das Programm besonders beliebt zu sein, da das Viertel weiterhin in dem Ruf steht, eine Hochburg der Jihadisten zu sein. Bussen, die dorthin fahren, wird von Passanten gern »Bumm« hinterhergerufen. Eine Meldeadresse in Sidi Mounem erschwert die Arbeitssuche und garantiert eine gründ­liche Kontrolle bei polizeilichen Überprüfungen, die Regierung scheint den Bewohnern des Viertels auch nur ungern Visa für Auslandsreisen auszustellen. Eine Aufwertung kann da nicht schaden, auch wenn Zahidi Elarbi, Mitglied einer Selbsthilfeorganisation, betont, dass Armut und Arbeitslosigkeit nicht verschwinden. Doch sei es »besser, in einem neuen Apartment untätig zu sein als in einem Slum«.   js