Keine Panini mehr

Topps übernimmt das Geschäft mit den Sammelbildern.
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Lange bevor deutsche Kinder lernen, dass die meist recht trockenen Brötchen an italienischen Autobahnraststätten »Panini« heißen, kennen sie dieses Wort bereits aus einem ganz anderen Zusammenhang: einem klebrigen übrigens, denn Panini-Bilder sind ein Synonym geworden für Sammelsticker von Star-Fußballern. Das Panini-Sammelalbum, in das die Bildchen dann eingeklebt werden, gehört zum Leben vor allem junger und männlicher Fußball-Fans einfach dazu: Seit 1978 gibt es zum Auftakt einer jeden Bundesliga-Saison das Panini-Bundesligaheft; und alsbald entbrennt jedes Jahr die Sammel- und in ihrem Gefolge die Tauschleidenschaft. Diskussionen wie die, ob Panini tatsächlich in jedes zweite Tütchen Kevin Kuranyi steckte oder ob die Verteilung doch eher nach statistisch gerechten Kriterien erfolgte, gehören seit nunmehr 30 Jahren zum deutschen Schülerleben. Zum italienischen übrigens schon seit 1961, damals brachten die Panini-Brüder das erste Sticker-Album auf den heimischen Markt.
Wahrscheinlich wird »Panini« deshalb noch lange das Synonym für Fußball-Sammelbilder (es gibt sie auch in den Bereichen Pop oder Comics) bleiben, ähnlich wie »Tempo« für Taschentücher. Doch im Gegensatz zum Tempotaschentusch, das auch weiterhin Nasen putzen wird, ist Panini zur neuen Saison raus aus dem Bundesliga-Geschäft. Der Zentralvermarkter des deutschen Profi-Fußballs, die DFL, hatte die Lizenzen zentral ausgeschrieben, und der US-Konzern Topps hatte mit 12,4 Millionen Euro den italienischen Konkurrenten schlicht überboten. Ein stolzes Angebot, aber auch ein lukratives Geschäft: Nach Schätzungen werden mit dem Bundesliga-Bildchen-Geschäft 25 bis 35 Millionen Euro verdient werden können, denn jeder vierte Junge zwischen sieben und zwölf Jahren sammelt die Bundesliga-Sticker.
Dass mit Topps ein Subunternehmen des Disney-Konzerns das Bundesliga-Geschäft übernimmt, wäre einigen vielleicht sogar Stoff für ein bisschen wehmütiges Ressentiment. Aber dazu besteht kein Anlass: Erstens ist Topps nicht branchenfremd, son­dern besitzt auch die Rechte am englischen Ligafußball. Zweitens sind die klassischen Zeiten der Hochkonjunktur der Sticker-Leidenschaft, Welt- und Euro­pameisterschaften, wenn 70 bis 80 Millionen Sticker über die Laden­theke gehen, nach wie vor in den Händen Paninis. Und drittens und am wichtigsten: Topps ist nicht irgendwer, sondern Erfinder eines der erfolgreichsten Bildchen-Helden aller Zeiten – Bazooka-Joe. Seine patriotischen Abenteuer liegen den in Blau, Weiß und Rot gehaltenen Kaugummi-Päckchen bei, die Topps seit 1941 unter dem Namen Bazooka, also: Panzerfaust, vertreibt. Dass die Bundesliga-Spieler mal in eine solch gute Gesell­schaft kommen, wie sie Bazooka-Joe darstellt, ist doch auch ein Fortschritt.