Über die Ergebnisse der Landtagswahlen

Drei sind eine zu viel

Mit den Wahlen in Sachsen, Thüringen und im Saarland hat sich die »Linke« zu einer neuen, gesamtdeutschen Volkspartei gemausert.

Verwirrenderweise ist dann doch am Sonntag alles just so gekommen, wie es die Analysten Wochen vorher vorhergesagt hatten – und nicht ganz anders, wie sie zuletzt vermeinten. So hat die NPD den Wiedereinzug ins sächsische Parlament geschafft, aber den Einzug ins thüringische ziemlich knapp verpasst. Im Saarland blieb sie abgeschlagen. Die CDU muss sich um zwei Ministerpräsidenten sorgen, wurde aber in allen drei Bundesländern stärkste Partei.
Stanislaw Tillich allerdings kann sich aussuchen, ob Sachsen nun bald von einer schwarz-gelben Regierung geleitet wird oder ob er die SPD mit einer weiteren Großen Koalition endgültig vernichtet. Die SPD empfindet sich als prima, obschon sie nirgends wirklich gewonnen hat, bei den Kommunalwahlen in NRW hat sie sogar ein bemerkenswert miserables Ergebnis erzielt. Die Grünen werden im Osten inzwischen ernst genommen, und genügend Orakler haben sich in allen Bundesländern gefunden, die in das große Vakuum FDP ein politisches Programm hineingeheimnissen. Bleibt die »Linke«, die im Saarland so sicher über die 20-Prozent-Hürde kam, dass man daran zweifeln muss, ob an der französischen Grenze wirklich überall bekannt ist, dass Oskar Lafontaine bereits seit dem vorigen Jahrhundert nicht mehr als Ministerpräsident tätig ist. In Thüringen wurde Bodo Ramelow souverän Zweiter, in Sachsen wählt man neben der CDU traditionell immer nur die andere Volkspartei, die dort nie SPD hieß.
Doch was kann die »Linke« anfangen mit ihrem Sieg? In Thüringen ziert man sich. Da Ramelow Stasi-Mitarbeiter in seiner Partei und auf führenden Posten duldet, geben sich die SPD und die Grünen moralisch und wollen ihn nicht zum Ministerpräsidenten wählen. Während klar ist, dass die Grünen auf diesem Wege nur ein größeres Stück vom Kuchen abhaben wollen und eher weniger auf eine so genannte Jamaika-Koalition spekulieren, scheint die SPD wirklich nicht in einer Koalition unter Ramelow mitregieren zu wollen. Wird sie sich also in einer Großen Koalition aufreiben? Oder wird die »Linke«, machtgeil wie sie ist, am Ende ihren Spitzenkandidaten fallen lassen und sich, obschon sie das bessere Ergebnis erzielte, zur Wahl des Sozialdemokraten Christoph Matschie aufraffen? Jedenfalls scheint es nun, in den ersten Tagen des Siegestaumels, keineswegs so, als wolle sich die »Linke« auf ihren Prozenten ausruhen, die Führung der Opposition übernehmen und die anderen Parteien in Thüringen sich blamieren lassen.
Die »Linke« im Saarland wird wohl ohne »unseren Oskar« in die Koalition mit der SPD gehen, was ihr bei der nächsten Wahl heimgezahlt werden dürfte – wie bereits in Mecklenburg-Vorpommern geschehen und vermutlich bald auch in Berlin. Nur die sächsische »Linke« darf bleiben, wie sie ist, und kann in Ruhe weiter einsam gegen die Regierung stänkern.
Die CDU allerdings scheint nun bemüßigt, die unglückselige »Rote-Socken«-Kampagne wiederaufzulegen. Das wird die »Linke« nur stärken, gerade in den westlichen Bundesländern. Die Ergebnisse an der Saar nämlich werden auch andere Bundesländer zur Kenntnis nehmen, ein Lafontaine ist dafür nicht unbedingt nötig. Und die bevorstehende Entzauberung der »Linken« in Thüringen und im Saarland wird ja erst nach der Bundestagswahl stattfinden. Bis dahin hilft ihr die CDU mit ihrer Kampagne mehr, als sie ihr schadet. Was den Christdemokraten ja, ehrlich gesagt, sehr zupass kommt. Denn gemeinsam, ja beinahe Hand in Hand, schwächen die alte und die neue gesamtdeutsche Volkspartei ihren gemeinsamen schärfsten Konkurrenten, die kleine, hochmoralisch-verklemmte SPD. So wie sie es schon ’89/90 in der DDR getan haben.