Die Grauen Wölfe und die CDU

Harmonie in schwarz und grau

Türkischstämmige CDU-Mitglieder sollen Kontakte zu den Grauen Wölfen haben. In der Partei gelten sie als geeignete Partner.

Es ist die Crux eines jeden Chauvinismus, dass er angeblich schlechte Angewohnheiten anderer anprangert, die eigenen jedoch für sakrosankt erklärt. Beispielhaft dafür ist der Nationalismus, der im eigenen Land als Tugend gilt, beim Nachbarn jedoch als Gefahr. Schon Günther Rohrmoser, der zu Lebzeiten in Kreisen der CDU für einen großen strategischen Denker gehalten wurde, projizierte sein Begehren nach eigener Borniertheit in einen imaginären Schulhofstreit: »Was soll denn ein junger Deutscher einem Türken entgegensetzen, der von Nationalstolz erfüllt ist, den sein Gottesglaube trägt und der überzeugt ist, die Zukunft einer großen Nation Türkei vor sich zu haben?« Für ihn sei diese Situation nur auszuhalten, wenn sich beide auf ihre Stammesidentität berufen könnten, sprich der Deutsche mindestens so »stolz« sei wie der Türke. Ein solcher Wettstreit ist jetzt auch in der nordrhein-westfälischen Landespolitik entbrannt.
Nachdem die Kölner CDU einigen Politikern ausländischer Herkunft den Weg für Parteikarrieren frei gemacht hat, häufen sich Vorwürfe, einige Mitglieder wiesen zu große Nähe zu der türkischen faschistischen Organisation Graue Wölfe auf. Jüngster Fall war der türkischstämmige Wunschkandidat der CDU für – ausgerechnet – den Integrationsrat der Stadt. Vor allem unter alevitischen und armenischen Mitgliedern regt sich Kritik an entsprechenden Kontakten ihrer Partei: Innerhalb der CDU gelten Graue Wölfe und auch die nationalreligiöse Organisation Milli Görüs als geeignete Partner, um Defizite in der migrantischen Partizipation auszugleichen. Jetzt erscheint dieses Vorgehen als ein ungeschickter Zug. Vielleicht aber war es gar nicht so unbedarft. Denn der offensive türkische Nationalismus erregt eben auch Bewunderung in Kreisen, die sich von vergangenheitspolitischen Zwängen der deutschen Geschichte behindert fühlen. Die Leugnung vor allem des Genozids an den Armeniern könnte manchen deutschen Patrioten auf die Idee bringen, es künftig mit der eigenen Nationalgeschichte ebenso zu halten. In Fragen zur Wahrung der »nationalen Identität« sind einige Positionen gar nicht so weit voneinander entfernt, auch die Ablehnung des EU-Beitritts der Türkei durch die Mutterpartei der »Wölfe«, der MHP, trifft sich mit der außenpolitischen Haltung der Union. Die Sache scheint jetzt recht verfahren. In die alte CDU wären Politiker »mit Migrationshintergrund« gar nicht erst hineingekommen, in der modernisierten Partei bilden sie einen hässlichen rechten Flügel. Aber vielleicht, so wagt man zu hoffen, entdecken die Christdemokraten bei der Auseinandersetzung mit türkischen Nationalisten einige strukturelle Ähnlichkeiten im Denken und korrigieren sie sogar. Eine solche »List der Vernunft« war schon einmal am Werk: Betrachtet man etwa, mit welcher Verve sich die CDU in der Auseinandersetzung mit dem Islamismus für die Rechte der Frauen in die Bresche zu werfen pflegt, so tut man sich schwer, darin dieselbe Partei wiederzuerkennen, die sich noch wenige Jahre zuvor dagegen gesträubt hatte, im »eigenen Kulturkreis« die Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe zu stellen. Leider ist es wahrscheinlicher, dass sich viele in der Ansicht bestärkt sehen werden, dass Ausländer, zumal Muslime, nur Ärger machen und nicht nur vom christlichen Abendland, sondern auch der christlichen Parteienlandschaft ferngehalten werden sollten.