Die Marke Schwarz-Gelb

Gerry Weber for President

Aus Sicht von PR-Beratern und Marketing-Experten lässt sich das schwarz-gelbe Produkt einfach nicht verkaufen.

Um das Wesen von Marken zu ergründen, werden in Konsumentenworkshops hinter halbverspiegelten Scheiben gern Fragen gestellt wie: Wenn Schwarz-Gelb ein Joghurt wäre, welche Sorte wäre es? Schwer zu beantworten. Und schon daran zeigt sich das Markenproblem der bürgerlich-liberalen Koalition, wenn sie überhaupt zur Marke taugt. Getretener Quark wird breit, nicht stark. Andererseits ist notwendige Bedingung für das Vorliegen einer funktionstüchtigen Marke das Vorhandensein einer gewissen Gestalteinheit, wodurch sie sich von anderen Marken, die dasselbe Marktumfeld bevölkern, unterscheidet: ein Merkmalsbündel, das in der Psyche der Konsumenten fest verankert ist, wie es die heutige BWL beschreibt; bzw. ein »Ideenorganismus«, der dazu angetan ist, in der »Massenpsyche« eine »Psychose des Vertrauens« zu verursachen, wie es der deutsche Erfinder der Markentechnik und stolze Goebbels-Stichwortgeber Hans Domizlaff nannte. Davon kann bei der schwarz-gelben Chaostruppe schwerlich die Rede sein. Angesichts der diffusen und konfusen Notsignale, die sie aussendet, erinnert sie allenfalls noch an so ausgelaugte Marken wie Opel, Ajona oder Gerry Weber.
Harold Hotelling, ein Ökonom, kein Markentechniker, hat am Beispiel zweier Eisverkäufer an einem langgestreckten Sandstrand erklärt, warum in einem Duopol beide Anbieter Rücken an Rücken in der Mitte landen und sich den Markt gerecht aufteilen. Sobald ein Eisverkäufer von dieser Mittelposition abweicht, verliert er im Zwischenraum Kunden an den anderen, ohne in seinem eigenen Hinterland neue Kunden dazuzugewinnen. Auf das politische Spektrum angewendet, lässt sich mit Hotellings Lemma erklären, warum die beiden ehemaligen Volksparteien programmatisch Rücken an Rücken stehen, und warum Wahlen in letzter Zeit fast immer in Pattsituationen mit wenigen tausend Stimmen Unterschied zwischen den beiden Lagern ausgehen.
Allerdings liefert es keine Erklärung dafür, warum es dem amtierenden Spektrum nicht gelingt, wenigstens die Westernfassade einer Marke aufzubauen, die das Projekt zumindest für die eigene Klientel attraktiv oder aspirational erscheinen lässt. Spätestens hier wirkt sich der nicht nur unter markentechnischen Gesichtspunkten desolate Zustand der beiden Parteien aus: Dass die FDP nach dem Wegfall ihrer Geschäftsgrundlage Steuersenkung qua Kassenlage de facto eine »Null-Themen-Partei« ist. Und dass die CDU angesichts des unauflöslichen Widerspruchs, zugleich konservativ und modern sein zu wollen, in apathische Starre verfallen ist. Hier könnte sie sich bei Goebbels und der Markenstrategie der Nazis etwas abschauen, denen es dem US-Soziologen Jeffrey Herf zufolge gelungen ist, das lähmende Paradoxon der »konservativen Revolution« in Form eines »reactionary modernism« aufzulösen und zum Markenkern zu machen. Ursula von der Leyen hätte als Galionsfigur eines solch interessanten Positionierungsmanövers mit ungewissem Ausgang getaugt. Deshalb wurde sie ausgebremst und Christian Wulff, der gern Bananensaft trinkt und Phil Collins hört, Bundespräsident. Bleibt zum Schluss die Frage, was Christian Wulff für ein Hund wäre? Da wiederum fällt die Antwort nicht schwer: ein Golden Retriever.