Geschenk für Antimilitaristen. Zur Verkürzung der Wehrpflicht

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Schwarz-Gelb verkürzt die Wehrpflicht und spielt mit dem Gedanken, sie ganz auszusetzen. Antimilitaristen profitieren von der Unsicherheit der Koalition.

Antimilitaristen finden hierzulande meist wenig Anlass zur Freude: Ein deutscher Oberst lässt mehr als 70 afghanische Zivilisten massakrieren, die aus einem von Taliban gestohlenen Tanklastzug Sprit abzapfen, und kommt ungestraft davon. Die heimische Rüstungsindustrie freut sich über volle Auftragsbücher und kann von der Wirtschafts- und Finanzkrise gar nicht genug bekommen. An deutschen Universitäten schießen wehrtechnische und wehrmedizinische »Exzellenzcluster« und »Sonderforschungsbereiche« wie Pilze aus dem Boden. Unter der Bezeichnung »Politik und Internationale Sicherheit« (POL&IS) spielen Jugendoffiziere der Bundeswehr mit Schülern und Studenten Geopolitik und Aufstandsbekämpfung. Wer gegen Zapfenstreiche, Rekrutenvereidigungen und andere öffentliche Werbeauftritte der Streitkräfte protestiert, läuft Gefahr, mit dem Polizeiknüppel Bekanntschaft zu machen.
Die Verkürzung der Wehrpflicht auf sechs Monate, versehen mit der Option, diese auf kurz oder lang ganz auszusetzen, scheint dagegen geeignet, ein kleines Lächeln auf das Antlitz eines jeden Antimilitaristen zu zaubern – zumal die zugehörige Debatte die zahlreichen Probleme aufzeigt, mit denen die Bundeswehr bei ihrer »Transformation« zur weltweit agierenden Interventions- und Besatzungsarmee zu kämpfen hat.
Die Befürworter des staatlichen Zwangsdienstes, zumeist bei CDU und CSU zu Hause, verweisen auf die Möglichkeit zur kostengünstigen Nachwuchsrekrutierung durch die flächendeckende Musterung aller Volljährigen, die zudem nach Ableistung ihrer Pflichtzeit als permanente Reserve für den »Heimatschutz« zur Verfügung stünden, heißt es. Dem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gilt die Armee gar – wie zu Kaisers und Führers Zeiten – als »Schule der Nation«.
Die Gegner der Wehrpflicht aus den Reihen von FDP und Grünen hingegen rufen schon lange nach der Berufsarmee. Wehrdienstleistende kosteten den Steuerzahler lediglich eine Menge Geld, das für die Ausrüstung unserer Jungs am Hindukusch und anderswo besser ausgegeben wäre, und für »Auslandseinsätze«, das »Kerngeschäft« der Bundeswehr, seien die zwangsweise Eingezogenen ohnehin nicht zu gebrauchen. Ihr Personal müssten sich die Streitkräfte eben auf dem »freien Arbeitsmarkt« beschaffen, meint etwa Agnieszka Malczak von den Grünen: wer als »attraktiver Arbeitgeber« auftrete, brauche die »Konkurrenz um die besten Köpfe« nicht zu fürchten. Sterben kann man schließlich auch auf einer Großbaustelle oder im Straßenverkehr.
Den innovativsten Vorschlag hat die SPD zu bieten, obschon er bereits drei Jahre alt ist. Sie will die Wehrpflicht – und damit die Möglichkeit zur Nachwuchsgewinnung qua Musterung – beibehalten, aber nur noch gut ausgebildete, hoch motivierte Freiwillige rekrutieren. In Zeiten von Arbeitslosigkeit und Hartz IV werde man schon »genügend junge Männer finden«, die bereit sind, für eine »Auslandsverwendungszulage« von 110 Euro pro Tag ihre Haut zu Markte zu tragen, ist sich der sozialdemokratische Wehrexperte Rainer Arnold sicher.
Hiesigen Antimilitaristen bleibt folglich nur, den schwarz-gelben »Wunschkoalitionären« möglichst langes Regieren zu wünschen. Einen hohen Unterhaltungswert hat ihr medial ausgetragener Dauerclinch allemal.