Gar nicht schräg

Das Ziel der Reise des 14jährigen Maik und seines neuen Kumpels Tschick, dessen »unförmige Schuhe aussahen wie tote Ratten«, ist die »Walachei«, wohin sie mit einem geklauten Lada aufbrechen. Und tatsächlich landen die beiden in der Einöde Ostdeutschlands. Also haben sie wohl alles richtig gemacht.
Gustav Seibt weiß sich nicht anders zu helfen, als den Roman mit einem der dümmsten aller Adjektive zu beschreiben: »schräg«. Allein drei Mal verwendet er dieses Wort in seiner Rezen­sion. »Schräg« nennt der Schmock in Ermangelung treffenderer Begriffe stets auch alles, was laut und mit einer Clownsnase daherkommt und zwischen Mike Krüger und Rainald Grebe sein Unwesen treibt. Doch so ist »Tschick« nicht. Der Maler und Schriftsteller Wolfgang Herrndorf hat es nicht verdient, dass sein Roman sich in den Bestsellerlisten zwischen Fantasy-Schmonzetten, Evangelischlehrerinnenliteratur und in Leinen gebundenen Groschenheften wiederfindet. Denn er hat das traurigste, anrührendste, weiseste und komischste Buch des Jahres geschrieben, das andere, feinsinnigere Leser verdient. Man wünscht sich, »Tschick« würde eines Tages von den Coen Brothers verfilmt. Aber weil die Welt schlecht eingerichtet ist, wie wir wissen, wird das nicht geschehen. Verfilmt wird es am Ende, wenn wir Pech haben – und das haben wir immer –, von irgendeinem von Eichingers ­Eierköpfen, die seit jeher Komik mit Lautstärke und Karnevalsbummbumm verwechseln. Halten Sie sich lieber an den Roman. Er ist so gut, dass es wehtut beim ­Lesen.

Wolfgang Herrndorf: Tschick. Rowohlt, Berlin 2010, 254 S., 16,95 Euro