Über Guido Westerwelle und die FDP

Stunde der Monster

In der FDP wird gegen den Vorsitzenden rebelliert.

Guido Westerwelle doof zu finden, ist inzwischen ein Problem. Denn alle, wirklich alle finden ihn doof. Bis auf ein paar in der FDP, und auch da werden es stündlich weniger. Wenn aber jeder drittklassige Kabarettist auf Provinzbühnen vom Schwarzwald bis Helgoland eine Westerwelle-Nummer im Programm hat, bei der die Erwähnung des Namens genügt, um den Zu­schauer­mob zum Glucksen zu bringen, dann muss sich jeder Beobachter mit einem Rest von Takt angewidert abwenden. Und müsste den armen Mann verteidigen. Müsste. Das Problem dabei ist allerdings: Natürlich ist Westwelle doof. Wir sollten jedoch in der aktuellen Diskussion trotzdem für ihn kämpfen. Denn das politische Problem ist nicht Westerwelle, das politische Problem ist die FDP. Nichts würde besser, wenn ein etwas weniger fettnapfaffiner Nachfolger seinen Platz einnähme, im Gegenteil. Westerwelle verkörpert die hässliche Fratze seiner Partei perfekt. Er ist das fleischgewordene Wikileaks des deutschen Libe­ralismus. Man muss über die FDP nichts mehr enthüllen, solange ihr jemand wie Westerwelle vorsteht.
Und wer in seiner Lage noch formuliert wie Westerwelle in der Bild am Sonntag, den muss man unter Artenschutz stellen: »Ich arbeite daran, dass wir wieder auf Erfolgskurs kommen, und werde dabei von einem großartigen Team unterstützt.« Das klingt wie Erich Mielke: »Ich liebe doch alle!« Es war ausgerechnet Parteikollege Wolfgang Kubicki, der diese Stellungnahme mit seiner Beobachtung, die FDP-Führung verhalte sich wie die der DDR im Endstadium, in Tateinheit provozierte und gleichzeitig kommentierte, bevor Westerwelle sie überhaupt geäußert hatte.
Wunderbar wirklichkeitsfremd auch Westerwelles Mutmachparole: »Wenn wir uns mit den Problemen der Menschen beschäftigen und nicht mit uns selbst, bin ich sicher, dass wir die Landtagswahlen im Frühjahr erfolgreich bestehen werden.« Als sei nicht völlig klar, dass die FDP, sobald sie sich tatsächlich mit den Problemen der Menschen beschäftigt, endgültig verschwindet. Denn sobald jemand wie Westerwelle dazu etwas sagt – Stichwort: spätrömische Dekadenz –, fällt selbst dem größten Deppen auf, was für Typen das eigentlich sind.
Generalsekretärin Cornelia Pieper scheint das zu ahnen, weshalb sie sich zu Überlegungen, angesichts des drohenden Untergangs der FDP einen Sonderparteitag einzuberufen, zu der Äußerung hinreißen ließ: »Ein Sonderparteitag ist in höchstem Maße parteischädigend.« Das muss man auch erst mal bringen: Die Generalsekretärin einer Partei hält es für parteischädigend, wenn eben diese Partei sich trifft. Und hat damit auch noch Recht – Westerwelle kitzelt aus seinen Leuten die Wahrheit heraus. Nur deshalb trauen sich nun immer mehr Parteifreunde aus der Deckung und fordern seine Ablösung. Andere könnten das besser. Rainer Brüderle etwa. Das gilt es zu verhindern. Denn ein Weinschlauch wie Rainer Brüderle, der das Bedrohungspotential eines einäugigen Schmuse-Teddybären ausstrahlt, würde den Blick verstellen für die Partei. So einen nimmt niemand ernst, so einer beruhigt. Aber wir kennen das von den Gremlins: Sie können noch so niedlich aussehen – wenn die Stunde geschlagen hat, werden sie zu Monstern.
Deswegen: Ich stehe unverbrüchlich zu Guido, bis es zu Ende ist. Das wird ja hoffentlich nicht mehr so lange dauern.