In Hamburg hat der Wahlkampf begonnen

Die Versprechen des Sonnenkönigs

Der Wahlkampf in Hamburg hat begonnen. Angesichts des desolaten Zustands der CDU gibt sich die SPD schon jetzt siegessicher.

Betont zurückhaltend, gelassen, höflich – es war kein »TV-Duell«, sondern eher ein ruhiges Gespräch, das der amtierende Oberbürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) und sein Herausforderer Olaf Scholz (SPD) im Hamburger Lokalsender Hamburg 1 in der vorigen Woche führten. Die Politiker ließen einander ausreden und behandelten sich gegenseitig taktvoll. Das Gespräch verlief also wie der bisherige Wahlkampf in Hamburg.

Dass sich die Parteien eher zurückhalten, könnte daran liegen, dass der Ausgang der Wahl absehbar zu sein scheint. So trifft man dieser Tage kaum einen Hamburger, der nicht von einem Regierungswechsel im Februar überzeugt wäre. Einer Umfrage von Infratest dimap zufolge sprechen sich fast zwei Drittel der Wahlberechtigten für einen von der SPD geführten Senat aus. Wenn die Hamburger den ersten Bürgermeister direkt wählen könnten, bekäme Scholz beinahe dreimal so viele Stimmen wie Ahlhaus.
Die Sozialdemokraten könnten etwas mehr als 40 Prozent der Wählerstimmen erhalten. Sie werden also einen Koalitionspartner brauchen. Dieser scheint bereits festzustehen: die Grün-Alternative Liste (GAL). Die liegt derzeit bei 17 Prozent.
Der Union droht hingegen das schlechteste Wahlergebnis in ihrer Geschichte, sie erzielt der Umfrage zufolge zurzeit nur 26 Prozent der Stimmen. Auf der CDU-Landesvertreterversammlung gab sich Ahlhaus dennoch kämpferisch: »Wir können die Wahl gewinnen, weil wir die besseren Argumente haben.« Das glauben wahrscheinlich nicht einmal unbeirrbare CDU-Mitglieder. Denn Ahlhaus wirkt seit dem vorzeitigen Rücktritt von Ole von Beust im Dezember wie der falsche Mann zur falschen Zeit. Auch ein vermeintlicher Coup dürfte der CDU nicht helfen: Walter Scheuerl, der Initiator der Bürgerinitiative »Wir wollen lernen«, kandidiert auf einem aussichtsreichen Listenplatz für die Partei. Doch der Versuch, so die Anhänger der konservativen Initiative, die im vergangenen Jahr die Schulreformpläne des schwarz-grünen Senats mit einem Volksentscheid zum Scheitern brachte, für die CDU zu gewinnen, war vergebens. Aus der Bürgervereinigung ist mittlerweile die Partei »Bürgerliche Mitte« hervorgegangen, die ebenfalls zur Wahl antritt.
Im Dezember die Koalition aufzukündigen, war geschickt von der GAL. Die Umfragewerte für die Partei waren zu dem Zeitpunkt sehr gut. Nach Neuwahlen und mit einem neuen Koalitionspartner, so das Kalkül der GAL, sollen sich »grüne Inhalte besser umsetzen« lassen. Ob sich dieses Vorhaben mit der SPD verwirklichen lässt, bleibt abzuwarten. Die Sozialdemokraten gefallen sich in der vermeintlich wiedergewonnenen Rolle als Volkspartei in Hamburg. Nach den herben Niederlagen im Bund und den Ländern in den vergangenen Jahren sind die Prognosen aus der Stadt ein großer Trost für die SPD. Olaf Scholz ist ihr neuer Sonnenkönig. Mit selbstsicherer Miene gibt er Interviews und spricht bereits wie ein Wahlsieger. Dass er nichts Stichhaltiges zu sagen hat, wenn es um die Finanzierung seiner Wahlversprechen geht, scheint dem Wunsch der Hamburger nach einem Regierungswechsel keinen Abbruch zu tun.

Von »intelligenter Umschichtung« ist beispielsweise bei den Sozialdemokraten die Rede. Die Gebührenerhöhung für die Kindertagesstätten soll rückgängig gemacht, dann Schritt für Schritt eine fünfstündige, kostenlose Betreuung für alle Kinder eingeführt werden. Auch die Studiengebühren möchte die SPD wieder abschaffen. Die Partei will zudem große Summen in den Wohnungsbau investieren.
Diesen Vorschlägen dürften die Grünen zustimmen. Doch die SPD möchte auch eine Herzensangelegenheit der GAL, den Bau der Stadtbahn, aufgeben. Die von den Sozialdemokraten befürwortete Vertiefung der Elbe im Zuge des Hafenausbaus dürfte den Grünen ebenfalls nicht sonderlich zusagen. Die möglichen Koalitionsverhandlungen zwischen GAL und SPD könnten also alles andere als harmonisch verlaufen.