Eine wie keine

Bisher konnte man den Spiegel eigentlich nicht als Leitmedium bezeichnen, wenn es um das Thema Frauenquote ging. Spiegel-­Redakteure informierten stattdessen lieber über den besorgniserregenden Zustand der Männerförderung hierzulande und verfassten ambitionierte Artikel, die sich mit der Frage beschäftigten, ob sich männliche Kleinkinder mit dem Anfertigen von Schmetterlingszeichnungen ihre spätere Karriere ruinieren. Und dann kam in der vergangenen Woche unerwartet die Revolution. Mit der Titelgeschichte »Die Machtfrage« forderte der Spiegel eine gesetzlich verordnete Frauenquote. Und um zu zeigen, wie ernst es ihm damit war, legte er in einer schonungslosen Introspektive das redaktionsinterne Geschlechterverhältnis offen. Mit 32 männlichen Ressortleitern und zwei Leiterinnen im Kulturressort ist das Magazin im Vergleich zu deutschen Dax-Konzernen allerdings bereits überdurchschnittlich geschlechtergerecht besetzt. Andere Zeitungen verzichteten zwar auf die selbstkritische Nabelschau, aber auch deren Redaktionen verfassten plötzlich Manifeste, die mit einem ungewohnten Tremolo der Dringlichkeit nach Chefinnen verlangten. »Frauenquote jetzt« titelte ein Autor der Süddeutschen Zeitung, und die FAZ sang ein Loblied auf Norwegen, wo schon 2003 eine 40-Prozent-Marke für Aufsichtsräte per Gesetz verordnet wurde. Aufmerksam wurde der Disput in der CDU verfolgt. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) tritt für die Quote ein, Familienministerin Kristina Schröder setzt weiterhin auf die bestehende freiwillige Selbstverpflichtung der Wirtschaft. Nicht nur die Titanic präsentierte das fulminante Ergebnis dieses »Experiments«: In zehn Jahren gelang es tatsächlich, unter 490 Vorstandsmitgliedern elf Frauen zu platzieren. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beendete die Debatte mit einer klaren Absage an die gesetzliche Frauenquote. Gefreut hat das nur die Bild-Zeitung, die erleichtert das Ende des »Zickenkriegs« notierte.