Gebraucht Gott!

Der letzte linke Student ist müde. Sogar arg müde ist der letzte linke Student. Aber was macht den letzten linken Studenten so arg müde? Arg müde macht den letzten linken Studenten die Sache mit Gott. Die Sache mit Gott: ist nämlich kompliziert. Gerade auch: für einen Linken. Für einen letzten Linken: noch viel gerader. Denn wir wissen: Gott ist tot. Er wurde von Nietzsche ermordet. Nietzsche: das war der Philosoph der Männlichkeit. Und er war auch: ein Nazi. Aber: nur fast. Und später: dann nicht mehr. Weil: die linken Franzosen Nietzsche entnazifiziert haben. Was heißt: heute ist Nietzsche auch ein Linker. Allerdings: wenn Gott tot ist, dann muss man sich fragen: wer schuld ist am ganzen Dilemma. Da sind Kriege, Katas­trophen, Hunger und die kaputte Linke. Ist das etwa alles Zufall? Sollte das alles aus dem Nichts kommen?
Der letzte linke Student weiß nicht recht. »Wenn alles schlecht ist, und das ist Zufall, dann ist es nicht zu ertragen. Wir brauchen einen Gott, damit wir ihn anklagen können. Denn nur, wenn Gott angeklagt werden kann, können wir weitermachen. Hinter dem ganzen Bösen ist dann die Absicht eines bösen Gottes. Und wer Böses macht, den kann man auch bekämpfen. Nur so können wir das Böse aus der Welt schaffen. Und dann wieder töten. Wir brauchen also einen bösen Interimsgott, um Linke sein zu können.« Das schreibt der letzte linke Student in sein besonderes Notizbuch. Und es klingt logisch. Was aber logisch ist, ist der Fall. Sagt Wittgenstein. Insofern hat der letzte linke Student Nietzsches Mord an Gott rückgängig gemacht. Mithilfe: der Theorie. Und zwar: der linken. Und auch wir müssen endlich begreifen, dass Theorie und Phantasie nicht nur mit den gleichen Buchstaben enden, sondern auch sonst dasselbe sind!